Späte Einsicht: Mojib Latif verwirft CO2-Fingerabdruck in der Stratosphäre und setzt endlich auf Ozeanzyklen

Jahrelang tingelte Mojib Latif durch die Vortragssäle des Landes und versuchte die Leute für die Klimakatastrophe zu begeistern. Einer der Höhepunkte derartiger Veranstaltungen war der von ihm wie selbstverständlich vorgetragene „Fingerabdruck“ des CO2 in der Atmosphäre, der laut Latif die enorme Klimawirkung dieses Treibhausgases belegen sollte. Einige zehner Kilometer über unseren Köpfen hätte sich die mittlere Atmosphäre abgekühlt, und das könnte nur das CO2 verursacht haben, erklärt er dem ahnungslosen Publikum, das sich davon in der Regel bereitwillig beeindrucken lässt. Bereits vor vier Jahren haben wir hier im Blog auf die Unzulässigkeit dieser Beweisführung hingewiesen:

Eine Olympiade später hat Latif nun die Kehrtwende vollzogen. Per Pressemiteilung räumen er und seine Kieler Kollegen nun endlich ein, dass die Abkühlung in der höheren Atmosphäre wohl eher Teil der 60-jährigen Ozeanzyklik (PDO) ist. Es ist schön, dass dies nun korrigiert ist, auch wenn wir nicht in der Danksagung des Papers erwähnt werden. Wäre natürlich toll gewesen. Im Folgenden die Pressemitteilung des Kieler Geomar vom 26. Juli 2016:

Mittlere Atmosphäre im Takt mit dem Ozean

Zusammenhang zwischen dekadischen Schwankungen der Temperaturen im Pazifik und an der Tropopause nachgewiesen

Ende des 20. Jahrhunderts beobachteten Wissenschaftler eine Abkühlung am Übergang zwischen Troposphäre und Stratosphäre in etwa 15 Kilometern Höhe. Sie führten diese Entwicklung in der sogenannten Tropopause auf menschliche Einflüsse zurück. Klimaforscher aus Kiel und Bergen haben jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Scientific Reports eine Studie veröffentlicht, nach der die Abkühlung auch Teil einer natürlichen, jahrzehntelangen Schwankung sein könnte, die von den Wassertemperaturen des Pazifiks gesteuert wird.

Wasser spielt nicht nur in flüssiger Form auf der Erdoberfläche eine große Rolle für unseren Planeten. Auch in der Atmosphäre beeinflusst es das Leben wie auch Wetter und Klima erheblich. Wolken und Niederschläge sind dafür ein Beispiel. Die gasförmige Form des Wassers, der Wasserdampf, spielt ebenfalls eine herausragende Rolle auf der Erde. Er ist das wichtigste Treibhausgas in der Atmosphäre, ohne ihn wäre die Erde eine Eiswüste. Für Klimaschwankungen ist der Wasserdampf in der Stratosphäre zwischen 15 und 50 Kilometern Höhe besonders wichtig. Wie viel des Gases in die Stratosphäre gelangt, hängt hauptsächlich von der Temperatur am Übergang zwischen der untersten Atmosphärenschicht, der Troposphäre und der darüber liegenden Stratosphäre ab. Diese Grenzschicht nennt man Tropopause.

Jetzt haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zusammen mit einem Kollegen aus Bergen (Norwegen) erstmals nachweisen können, dass natürliche Schwankungen der Wassertemperaturen im Pazifik, die sich in Zeiträumen von Jahrzehnten abspielen, direkt mit der Temperatur der tropischen Tropopause verknüpft sind. „Lange dachte man, menschliche Einflüsse würden bereits die Tropopausentemperatur beeinflussen. Es scheint aber, dass immer noch natürliche Schwankungen dominieren“, sagt Dr. Wuke Wang vom GEOMAR, Erstautor der Studie, die jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen ist.

Für ihre Studie nutzten die Forscher einerseits Beobachtungsdaten der Jahre 1979 bis 2013, und andererseits Klimamodelle. „So konnten wir den Untersuchungszeitraum auf beinahe 150 Jahre ausdehnen. Im Modell kann man auch sehr einfach, menschliche und natürliche Einflüsse separat betrachten und deren Einflüsse voneinander trennen“, erklärt Prof. Dr. Katja Matthes Klimaforscherin am GEOMAR und Koautorin der Studie.

Ein bereits lange bekanntes Klimaphänomen ist die sogenannte Pacific Decadal Oscillation (PDO). „Diese natürliche Schwankung lässt in Abständen von Jahrzehnten besonders hohe oder besonders niedrige Wassertemperaturen im Pazifik auftreten“, erklärt Dr. Wang. Die PDO beeinflusst das Klima und die Ökosysteme im pazifischen Raum und auch die global gemittelte Temperatur der Erde.

In den Modellsimulationen konnten die Wissenschaftler sehen, dass die Schwankungen der Wassertemperaturen auch die Windsysteme über dem tropischen und subtropischen Pazifik beeinflussen. Damit verändert sich auch der Lufttransport zwischen den unteren und den oberen Schichten der Troposphäre, was letztendlich die Temperaturen an der Grenze zur Stratosphäre mit reguliert. „Diese Zusammenhänge konnten wir jetzt erstmals nachweisen“, erläutert Dr. Wang.

Damit widerspricht die aktuelle Studie älteren Hypothesen zur Entwicklung an der tropischen Tropopause. Schon Ende des 20. Jahrhunderts hatten Wissenschaftler dort eine Abkühlung registriert, die in den 1970er Jahren begonnen hatte. Sie führten diese Beobachtung auf anthropogene Ursachen zurück, insbesondere den Anstieg der Treibhausgase. „Allerdings beruhte diese Annahme auf einer recht lückenhaften Datengrundlage und vereinfachten Klimamodellen. Unsere Studie zeigt, dass die Abkühlung der tropischen Tropopause keine Einbahnstraße sein muss, sondern auch Teil einer natürlichen Schwankung sein könnte, die sich jeweils über mehrere Jahrzehnte erstreckt“ betont Professor Matthes.

Die Erkenntnis ist auch für die allgemeine Klimaforschung von größter Bedeutung. Die Temperatur der Tropopause entscheidet über den Eintrag von Wasserdampf in die Stratosphäre. Und je mehr Wasserdampf sich dort befindet umso höher steigt die Erdoberflächentemperatur. Auch der anthropogene Klimawandel besitzt einen Einfluss auf die Temperatur der Tropopause, und dieser könnte in den kommenden Jahrzehnten deutlicher hervortreten. „Nur, wenn wir natürliche Schwankungen von menschengemachten Einflüssen gut unterscheiden können, können wir auch zuverlässige Prognosen für die weitere Klimaentwicklung abgeben“, resümiert Prof. Matthes.

Originalarbeit:

Wang, W., K. Matthes, N.-E. Omrani, and M. Latif, 2016: Decadal variability of tropical tropopause temperature and its relationship to the Pacific Decadal Oscillation. Scientific Reports, 6:29537, DOI: 10.1038/srep29537

Wie reagierte die Presse auf diese wichtige neue Erkenntnis? Die österreichische Tageszeitung Der Standard übte sich in Transparenz und mutete die Nachricht ihren Lesern zu:

Temperaturschwankungen in der Tropopause doch nicht menschlichen Ursprungs

Auch der Innovations Report berichtete:

Mittlere Atmosphäre im Takt mit dem Ozean

Ansonsten blieb es ziemlich ruhig im Zeitungswald und den Sendern. Schweigen im Walde.

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