Anstieg globaler Extrem-Regenfälle? Australische Forscher widersprechen den Ergebnissen einer neuen PIK-Studie

Die Sintflut wird in den mythologischen Erzählungen verschiedener antiker Kulturen als eine göttlich veranlasste Flutkatastrophe beschrieben, die die Vernichtung der Menschheit und der Landtiere zum Ziel hatte. Als Gründe für die Sintflut nennen die historischen Quellen zumeist Verfehlungen der Menschheit. Die Idee findet im Rahmen des aktuellen Klimakatastrophismus eine Rennaissance. Durch unser frevelhaftes Tun steige der Meeresspiegel und schlimme Regenfälle lassen die Flüsse über die Ufer treten und schwemmen alles Sündige hinfort.

Da passt es ganz gut, dass der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans-Joachim Schellnhuber kürzlich bei der päpstlichen Enzyklika als Ghostwriter mitgeschrieben hat. Am 8. Juli 2015 befeuerte sein Institut mit einer Pressemitteilung das Sintflut-Thema:

Klimawandel: Immer mehr Rekord-Regenfälle
Weltweit haben extreme Regenfälle in den vergangenen dreißig Jahren zu immer neuen Rekorden geführt. Bis 1980 lassen sich Schwankungen in der Häufigkeit von Starkregen mit natürlichen Faktoren erklären,– für die jüngste Zeit aber haben Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung einen klaren Aufwärtstrend solcher zuvor nie dagewesener Regenfälle entdeckt. Diese Zunahme passt zum Anstieg der globalen Mitteltemperatur, die verursacht wird von Treibhausgasen aus dem Verbrennen von Kohle und Öl. Sturzbachartige Regenfälle können zu folgeschweren Überschwemmungen führen.

Die These: Die Häufigkeit extremer Regenfälle hätte sich in den letzten 35 Jahren im globalen Maßstab so weit gesteigert, dass der Bereich der natürlichen Schwankungsbreite nun verlassen wurde. Das dazugehörige Paper stammt von einem PIK-Forschertrio um Jascha Lehmann und erschien in der Juli 2015-Ausgabe des Fachblatts Climatic Change. Das PIK beschreibt die wichtigsten Ergebnisse in seiner Pressemitteilung wie folgt:

Eine statistische Analyse von Regendaten aus den Jahren 1901-2010, gewonnen aus Tausenden von Wetterstationen weltweit, zeigt für den Zeitraum seit 1980 einen Anstieg solcher Rekord-Regen-Ereignisse um 12 Prozent verglichen mit einem Szenario ohne Klimawandel. „Weil der Trend nach oben weist, beträgt die Zunahme von Rekord-Regenfällen im letzten der untersuchten Jahre sogar 26 Prozent“, so Lehmann. Diese Rekorde brechende Abnormität ist auf den verschiedenen Kontinenten der Erde unterschiedlich ausgeprägt; feuchte Regionen erleben eine stärkere Zunahme, trockene eine weniger starke. In den Ländern Südost-Asiens wurde eine Zunahme von Rekord-Regenfällen um volle 56 Prozent verzeichnet, in Europa um 31 Prozent. Andere Regionen hingegen beobachten eine Abnahme von Rekord-Regen. Im Mittelmeer-Raum beträgt diese Abnahme 27 Prozent, im Westen der USA 21 Prozent. Beide Regionen sind von Trockenheit bedroht.

Die komplizierte Formulierung lässt aufhorchen: ein Anstieg „verglichen mit einem Szenario ohne Klimawandel“. Die Stationsdaten wurden offenbar nicht mit einer Referenzperiode der Vergangenheit verglichen, so wie es in der Meteorologie normalerweise üblich ist. Weshalb so kompliziert? Haben Lehmann und Kollegen die natürliche Variabilität extremer Regenfälle voll im Griff, die in das „Szenario ohne [anthropogenen] Klimawandel“ zwingend einfließen müsste? Ergibt sich der proklamierte Anstieg von 12% vor allem aus dem Unterschied zwischen tatsächlicher Datenbasis und dem PIK-Klimamodell? Weshalb verwenden die Autoren nicht einfach die simplen, harten Messdaten und überprüfen, ob es einen Trend in der Häufigkeit extremer Regenfälle gibt?

Genau dies hatte ein australisches Team um Fubao Sun von der National University in Canberra getan und die Ergebnisse 2012 in den Geophysical Research Letters publiziert. Das Ergebnis: Trotz globaler Erwärmung  sind die globalen Niederschläge in den letzten 70 Jahren  weniger extrem geworden, und dies sowohl in zeitlicher wie auch räumlicher Hinsicht. Trockene Gebiete wurden feuchter, und feuchte Gebiete wurden trockener. Eine Temperaturabhängigkeit der Niederschlagsvariabilität war nicht festzustellen. Die Forscher vermuten, dass Aerosole eine viel wichtigere Rolle spielen.

Wundert es Sie auch ein bisschen, dass das PIK-Forschertrio diese wichtige Studie einfach ignoriert? In der Literaturliste der neuen Arbeit sucht man das Paper der Australier jedenfalls vergeblich. Weshalb haben die Reviewer nicht auf eine Diskussion der abweichenden Ergebnisse bestanden? Auch in anderen Fallstudien aus verschiedenen Teilen der Erde findet sich kein Hinweis auf eine Verschärfung der Extremregengefahr:

Deutschland:
Klimabericht des Umweltbundesamtes (UBA) zu Deutschland: Kein statistisch gesicherter Anstieg extremer Niederschläge oder von Trockenperioden

England & Wales:
Simpson & Jones 2013

Frankreich:
Extremregen war in den Französischen Alpen während der Kleinen Eiszeit häufiger als heute

Italien:
Kein Anstieg der extremen Niederschläge in Norditalien während der vergangenen 90 Jahre

Marokko:
Extreme Regenfälle in Marokko während der letzten 50 Jahre nicht häufiger geworden

USA:
Extremregen in den USA war Anfang des 20. Jahrhunderts häufiger als heute

Natürlich gibt es auch Gebiete, in denen eine Zunahme extremer Regenfälle zu verzeichnen ist. Der IPCC fasste in seinem letzten Klimabericht (AR5) die globale Situation wie folgt zusammen:

Precipitation extremes also appear to be increasing, but there is large spatial variability.

Man gibt sich beim IPCC also überaus vorsichtig. Aus gutem Grund, denn die Datenlage ist alles andere als eindeutig, wie auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) in der Welt vom 9. Juli 2015 zu bedenken gibt:

Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) möchte man der Schlussfolgerung des PIK mit Blick auf Deutschland nicht komplett folgen. „Das stellt sich für uns noch nicht eindeutig dar und müsste durch weitere Arbeiten belegt werden“, sagt der Klima- und Extremwetter-Experte des DWD, Thomas Deutschländer. Anders als bei den steigenden Jahresmitteltemperaturen sei beim Starkregen ein Zusammenhang mit dem Klimawandel schwieriger herzustellen – und die bisherige Beobachtungsphase zu kurz. „Wir haben in Deutschland derzeit gewisse Indizien für eine Zunahme im Winter, jedoch nicht für Sommer oder Herbst“, sagt Deutschländer. „Das sind noch keine markanten Trends.“ Zwischen 1980 und 2000 habe es in Deutschland eine Art Starkregen-Loch gegeben. „Seit 2000 zieht die Zahl der Ereignisse wieder an. Aber auch zwischen 1950 und 1980 hat es eine Phase mit relativ vielen Starkregen gegeben.“

 

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