Die Verdrehung der Wissenschaft zur Steigerung der Entwicklungshilfe: Wirbelstürme in Ostafrika halten sich nicht an das Katastrophenkonzept der Fundraiser

Nachrichten aus Afrika sind in der Regel düster: Bürgerkriege, Korruption und Armut. Schuld daran ist bekanntlich der Klimawandel. Das steht fest. Auf jeden Fall. Auch die Webplattform Global Voices scheint davon überzeugt zu sein. Dort war am 1. Mai 2014 zu lesen:

Mali und Madagaskar sind gezwungen, sich dem extremen Klimawandel anzupassen
Im Lauf der letzten fünf Jahre standen Mali und Madagaskar ganz ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Politische Unruhen, die meist im Staatsstreich endeten, zwangen die gerade erst gewählten Präsidenten zum Rücktritt, noch bevor deren Amtszeit offiziell zu Ende war. Infolgedessen mussten beide Wirtschaftssysteme starke Verluste hinsichtlich des Bruttoinlandprodukts in Kauf nehmen. Gegenwärtig versuchen Madagaskar und Mali ihre ruinierten politischen Systeme mittels neu gewählter Staatsspitzen wieder aufzubauen. Ein weniger bekanntes Problem ist, dass beide Länder mit dem extremen Klimawandel zu kämpfen haben. Schwache Länder sind meist schutzloser gegenüber extremen Witterungsbedingungen. Diese Aussage könnte nicht passender sein hinsichtlich der jüngsten Entwicklung des Ökosystems in Madagaskar und Mali.

Der extreme Klimawandel. Was Global Voices damit meint, ist natürlich der menschengemacht Klimawandel. Schreiten wir zum Faktencheck. Was für Hinweise hat Global Voices auf anthropogenes Extremwetter in Mali und Madagaskar? Auf der Webseite lesen wir hierzu:

Auswirkungen, die nicht mehr zu leugnen sind
In Mali muss der Wald langsam und allmählich der Sahara im Norden weichen. Die Region Kayes [de], ein Landstrich der normalerweise einen Wald voller Leben beheimatete, ist charakteristisch für die offensichtlich unausweichliche Ausbreitung der Wüste. Das Land ist nun bedeckt von riesigen Sand- und Geröllfeldern.

Hier liegt offenbar ein Mißverständnis vor. Im Gegensatz zur Behauptung, das Dürreproblem hätte sich im Sahel in letzter Zeit verschlimmert, stehen die harten Fakten. Forscher fanden nämlich, dass in den letzten Jahrzehnten sowohl der Sahel als auch die Sahara grüner und vegetationsreicher geworden sind (siehe Berichte von der Universität Köln sowie der GWPF).

Interessanterweise könnte sich die Vegetation im Sahel durch die Zunahme des CO2-Gehalts der Atmosphäre bis zum Ende des Jahrhunderts sogar noch weiter verstärken, wie Steven Higgins und Simon Scheiter von der Goethe Universität Frankfurt am Main bzw. der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in einer Studie herausfanden. In einer im August 2012 im Fachmagazin Nature veröffentlichten Arbeit fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass sich im Sahel in den kommenden 80 Jahren Bäume weiter ausbreiten werden und die Graslandschaften allmählich verdrängen. Scinexx meldete hierzu im Juni 2012 (siehe auch Artikel im Standard):

Weite Teile der afrikanischen Savanne könnten bis 2100 zu Wäldern werden. Dies geht aus einer Studie deutscher Forscher hervor. Nach dieser führt die Düngung durch den steigenden Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre in ganz Afrika zu einer dichteren Bewaldung, wenn ein bestimmter CO2-Wert überschritten wird. Da sich diese Schwelle jedoch von Gegend zu Gegend unterscheide, verlaufe der Wandel auf regionaler Ebene nicht synchron, so die Forscher in “Nature”.

Lesen wir noch ein wenig bei den Global Voices weiter:

Der Bericht schätzt die gegenwärtige Situation und den potentiellen wirtschaftlichen Schaden für das Land ein: „Die Verschiebung der Klimazonen – gekennzeichnet durch die Kombination aus erhöhten Durschschnittstemperaturen und verringerten Regenfällen – hat schon während der letzten 50 Jahre die agrarwirtschaftlichen Gebiete immer mehr zum Süden hin verschoben. Dabei ist die durchschnittliche Regenfallmenge um ungefähr 200 Millimeter gefallen und die Durchschnittstemperaturen stiegen im selben Zeitraum um 0,5 Grad Celsius an. […] Das pessimistische Szenario, das mit schnellem Klimawandel rechnet, könnte Verluste von jährlich ungefähr 300 Million Dollar umfassen (etwa 15 Prozent des Agrarwertes und Viehbestands). Das optimistische Szenario hingegen sieht nur Verluste im Wert von 120 Millionen Dollar pro Jahr voraus.“ 

Das ist das Problem der selbsternannten Hobby-Klimaretter: Ihnen fehlt einfach die wissenschafliche Grundlage, um die zyklische Natur der Sahel-Niederschläge im Takte der Ozeanzyklen zu erkennen (siehe unseren Artikel „Wer hat Schuld an den Saheldürren?„). Auch mangelt es am historischen Kontext. Hand aufs Herz, liebe „Klimaretter“, war Ihnen bekannt, dass es auch in der vorindustriellen Zeit immer wieder trockene Phasen im Sahel gegeben hat? Siehe unseren Blogartikel „Alle tausend Jahre eine neue Saheldürre – lange vor dem industriellen CO2„.

Auf welcher Basis gründen die extremen Trockenprognosen von Global Voices? Die Wissenschaft hat sich die Sache bereits angeschaut und kommt zu einem gänzlich anderen Ergebnis: Es wird in den kommenden Jahrzehnten feuchter und grüner (siehe „Klimawandel in Afrika: Frankfurter Studie prognostiziert für die kommenden Jahrzehnte ein Ergrünen Westafrikas. Regenreiche Phasen im südlichen Afrika fielen stets in globale Kälteperioden“ und „Neue Studie in den Geophysical Research Letters: Steigender CO2-Gehalt lässt die Wüsten ergrünen„).

Von seriösen wissenschaftlichen Ergebnissen will man bei den Stimmen der Welt lieber gar nichts wissen. Denn sonst würde auch dieser Teil der Global Voices-Story sofort in sich zusammenbrechen:

Auf Madagaskar waren die Auswirkungen des Klimawandels noch dramatischer. Nachdem zwei aufeinanderfolgende Zyklone (Giovanna im Jahr 2012 und Haruna im Jahr 2013) die Küste der Insel erreichten und mindestens 100.000 Menschen obdachlos machten wurde der Süden der Region von eine Heuschreckenplage heimgesucht.

Auch hier greift der Autor des Global Voices-Artikels voll daneben. Tropische Wirbelstürme sind NICHT Folge des Klimawandels. Sie sind Teil der Natur, so wie es leider auch Ratten und Ungeziefer sind. Erst wenn eine signifikante und noch nie dagewesene Steigerung der Wirbelsturmhäufigkeit nachzuweisen wäre, könnte man sich über den anthropogenen Klimawandel als Auslöser Gedanken machen. Die Wissenschaft hat hier ein klares Ergebnis: Mavume et al. 2009 konnten im südwestlichen Indischen Ozean, zu dem auch Madagaskar gehört, keinerlei Häufung der Stürme in letzter Zeit feststellen können (Abbildung 1).

Abbildung 1: Entwicklung der tropischen Wirbelsturmhäufigkeit während der letzten 60 Jahre im südwestlichen Indischen Ozean (SWIO, oben) sowie im Mosambik-Kanal (MC, unten). Quelle: Mavume et al. 2009.

 

Noch nicht ganz klar geworden? Dann nehmen wir noch Fitchett & Grab aus dem International Journal of Climatology aus dem Februar 2014 dazu. Fazit der Autoren: Es gibt während der letzten 6 Jahrzehnte keinen Langzeittrend in der Häufigkeit der tropischen Wirbelstürme in Südost-Afrika:

A 66-year tropical cyclone record for south-east Africa: temporal trends in a global context
This study investigates changes in the frequency and timing of tropical cyclone landfalls over the south-west Indian Ocean during the last 66 years. Little is known about the spatial and temporal trends of such storm landfalls during recent historical times, specifically the last ca. 100 years. By analysing three storm track records spanning periods of 66–161 years, we establish that much of the perceived change in storm numbers can be attributed to improvements in storm detection methods over the past century. Furthermore, we find no statistically significant trends in the frequency of tropical cyclone landfalls over Madagascar and Mozambique over the past 6 decades, despite more comprehensive records during the most recent period. There is, however, considerable interannual variability in the number of storms making landfall over the countries investigated; most probably driven by cyclical atmospheric forcing, including El Niño-Southern Oscillation (ENSO) and the Quasi-Biennial Oscillation (QBO). Recent trends indicate an increasing number of tropical cyclones tracking to the south of Madagascar, potentially associated with the southward shift of the 26 °C isotherm, combined with a decrease in the steering flow during La Niña years.

Man kann es dem Autor namens „Rakotomalala“ des Global Voices Artikels nicht übelnehmen, dass er es zumindest versucht hat. Der Schreiber stammt aus Madagaskar und ist sehr an Entwicklungsarbeit interessiert. Da ist jede Klimaschadensausgleichszahlung aus dem Westen gern gesehen. Dass es sich gar nicht um einen Klimawandelschaden handelt, sondern lediglich um ganz natürliche Wirbelstürme, wird dann gerne schon mal unter den Tisch fallen gelassen.

 

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