Monitoringbericht „Klimawandel in Süddeutschland“: Temperaturen steigen seit 2000 kaum noch an

Im November 2016 wurde der Monitoringbericht „Klimawandel in Süddeutschland – Veränderungen von meteorologischen und hydrologischen Kenngrößen“ veröffentlicht. Das pdf kann auf kliwa.de heruntergeladen werden. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg gab dazu die folgende Pressemitteilung heraus:

Bericht zu Auswirkungen des Klimawandels in Süddeutschland veröffentlicht

Umweltminister Franz Untersteller: „Der Klimamonitoring-Bericht 2016 belegt, dass wir in Süddeutschland künftig mit zunehmend extremeren Wetterereignissen rechnen müssen.“

„Der Klimawandel schreitet nachweislich auch in Süddeutschland voran. Die Wetterereignisse der vergangenen Jahre passen gut in das erwartete Bild zukünftig häufiger auftretender Extreme.“ Das betonten der Baden-Württembergische Umweltminister Franz Untersteller, die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf, die Rheinland-Pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken sowie der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes Dr. Paul Becker heute (11.11.) anlässlich der Veröffentlichung eines neuen Monitoring-Berichts zur Klimaforschung in den drei Ländern.

Umweltminister Franz Untersteller: „Der aktuelle Bericht zeigt, vor welch große Herausforderungen uns der Klimawandel stellt. Nicht zuletzt das Jahrhunderthochwasser 2013, der extreme Trockensommer 2015 und die Starkregenereignisse 2016 haben uns dies mehr als verdeutlicht. Auf diese neuen Herausforderungen müssen wir lokal, national und international reagieren. Die gemeinsame Forschung spielt dabei eine entscheidende Rolle.“

Seit 2001 waren 14 von 15 Jahren in Süddeutschland zu warm

Laut dem aktuellen Klimamonitoringbericht stiegen in Süddeutschland die Temperaturen zwischen 1931 und 2015 bereits um etwa 1,3 Grad Celsius. Seit 2001 lagen insgesamt 14 von 15 Jahren in Süddeutschland, wie auch im gesamten Bundesgebiet, über dem langjährigen Mittel 1961 – 1990.

Die Klimaveränderungen beeinflussen auch den Wasserkreislauf in Baden-Württemberg. Im Winterhalbjahr kommt es zu mehr Niederschlägen, die zu steigenden Hochwasserabflüssen führen. Daneben sind die Sommermonate von steigenden Temperaturen und Trockenperioden gekennzeichnet. Es kommt verstärkt zu Niedrigwasserperioden in Oberflächengewässern und im Grundwasser. Seit 1974 nehmen die sogenannten Niedrigwasserabflüsse tendenziell ab. „Wir müssen daher damit rechnen, dass zukünftig in den Sommermonaten regional geringere Wasservorräte als bisher zur Verfügung stehen werden“, betonte Franz Untersteller.

[…]

Der KLIWA-Monitoring-Bericht 2016 ist ein Ergebnis der Kooperation „Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft (KLIWA)“ der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz sowie des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Er bewertet und dokumentiert Veränderungen des Klimas und des Wasserhaushalts in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz seit 1931 bis zum Jahr 2015. Zusätzlich wurden erstmals außergewöhnliche und extreme Ereignisse des Zeitraums 2011 – 2015 und das Langzeitverhalten der mittleren Abflüsse in den Bericht aufgenommen.

Dem Bericht liegt eine Auswertung der bis ins Jahr 1931 zurückreichenden Wetterbeobachtungen des DWD und Abflussbeobachtungen der beteiligten Bundesländer zu Grunde. Diese Auswertungen werden in mehrjährigen Abständen fortgeschrieben, um ein konkretes Bild des regionalen Klimawandels und belastbare Daten insbesondere für wasserwirtschaftliche Planungen zu erhalten.

Fassen wir zusammen: Seit 2001 waren 14 von 15 Jahren in Süddeutschland zu warm. Im Bereich des Extremwetters werden Sommerdürren und Winter-Hochwasser durch Starkregen genannt, die laut Monitoringbericht angestiegen sein sollen und bei denen auch in Zukunft mit einer weiteren Steigerung in Süddeutschland gerechnet wird. Die Vergleichsdaten reichen bis 1931 zurück, was gut 80 Jahren entspricht. Immerhin ist dies etwas länger als ein 60-Jahres-Ozeanzyklus, der unser Wettergeschehen maßgeblich mitbestimmt. Andererseits ist die Datenreihe natürlich viel zu kurz, um natürliche Klimazyklen im Hundert- und Tausendjahres-Maßstab herausrechnen zu können. Der Zeitraum seit 1931 ist Teil der bekannten Erwärmung des 20. und frühen 21. Jahrhunderts, insofern sind Wärmtrends keine Überraschung.

Da der 60-seitige Bericht dankenswerterweise kostenlos herunterladbar ist, wollen wir diese Punkte prüfen. Was hat es mit der berichteten Wärmeanomalie der letzten 15 Jahre auf sich? Ist das genannte Extremwetter wirklich angestiegen? Wie sieht es bei Betrachtung von Zeiträumen über 1931 hinaus aus? Was sagen andere Studien zum zukünftigen Extremwetter?

Temperaturen

Auf Seite 20 finden wir in Abbildung 6 eine Kurve der Gebietsmiteltemperatur von Mosel-Sieg seit 1931:

 

Abbildung: Gebietsmitteltemperatur von Mosel-Sieg seit 1931. Rote Linie: gleitendes Mittel (auslaufender 10-Jahresfilter). Quelle: KLIWA Monitoringbericht 2016.

 

Gut zu erkennen ist die 60-Jahres-Ozeanzyklik in der Temperaturentwicklung: Abkühlung ab 1950, Erwärmung ab 1980, Beginn des Temperaturplateaus ab 2000. Die KLIWA-Aussage

„Seit 2001 waren 14 von 15 Jahren in Süddeutschland zu warm“

hätte genauso gut heißen können

„Seit 2000 steigen die Temperaturen kaum noch an“.

Die Begriffe „Hiatus“, „Plateau“ und „gebremst“ sucht man im Bericht übrigens vergeblich. Die Ozeanzyklen hingegen haben es in den Bericht erfreulicherweise geschafft:

Es zeigt sich über den 85-jährigen Zeitraum eine deutliche Zunahme der Lufttemperatur, wobei sich jedoch immer wieder wärmere Perioden mit etwas kälteren ab-wechseln. Diese Schwankungen werden durch großräumige atmosphärische Muster, wie die Nordatlantik-Oszillation (NAO), verursacht.

 

Hydroklima

Bei den Starkniederschlägen zeigt man lieber gar keine Verlaufskurven. In Abbildung 11 des Berichts kann man die Trends stattdessen in einer Karte ablesen, was wenig vertrauenswürdig ist. Wo sind die Kurven? Wie stark ist die Variabilität über die Jahrzehnte?

Bei den Hochwasserabflüssen gibt es über die letzten 85 Jahre mehr steigende als fallende Trends. Die stark heterogenen Ergebnisse stimmen nachdenklich. Hier spielen sicher auch Flussbegradigungen und Betonierung der Ufer eine Rolle, die die Pegel nach oben schnellen lassen.

Und was ist mit den Trockenperioden mit Niedrigwasserabflüssen?

Insgesamt lässt sich daraus schlussfolgern, dass die durchgeführten Auswertungen für das gesamte KLIWA-Gebiet keine eindeutigen Rückschlüsse für das Langzeitverhalten der Niedrigwasserabflüsse erlauben. Insgesamt zeigt sich für NQ(J) und NM7Q(J), dass eine geringe Mehrheit von zunehmenden Trends für den Zeitraum 1951 bis 2015 zu erkennen ist.

[…]

In einem langen Beobachtungszeitraum wechselten sich Nass- und Trockenperioden immer wieder ab, dazwischen lagen Jahre mit mittleren Grundwasserverhältnissen. Diese Perioden lassen sich bei allen Ganglinien erkennen, kommen aber auf Grund des großen erschlossenen Grundwasserspeichers besonders deutlich an der Messstelle Eglfing Lehrer, Haar (Abb. 22a) zur Geltung.

Abbildung: Grundwasserstandsganglinie Messstelle Haar. Abbildungsquelle: Abb 22a in KLIWA Monitoringbericht 2016

 

Von einer Zunahme von Trockenperioden ist in der exemplarischen Grundwasserstandsganglinie Haar keine Spur. Die Basis der Behauptung, die Sommer würden immer trockener werden, bleibt unklar.

Insgesamt fehlen natürlich längerfristige Betrachtungen. Schön wäre eine Erwähnung der Hölloch Höhle in Bayern gewesen, wo über Sauerstoffisotope die Temperaturentwicklung der Region für die vergangenen 14.000 Jahre ermittelt wurde. In der aus Wurth et al. 2004 stammenden Abbildung zeigen die d18O Werte (Kurve c) nach oben Wärme und nach unten Kälte an. Es fällt auf, dass die Temperaturen 7000-5000 Jahre vor heute zur Zeit des holozänen Klimaoptimums mehrfach das heute Wärmeniveau erreichten bzw. sogar übertrafen.

Abbildung: Sauerstoffisotopenkurve in (c) zeigt Temperaturentwicklung in der Bayerischen Hölloch Höhle. Quelle: Wurth et al. 2004.

 

Und auch die Veränderungen im Starkregen sind keine Überraschung. Ähnliche Veränderungen hat es in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden stets gegeben, wie Untersuchungen von Czymzik et al. 2016 im Ammersee im Bayerischen Alpenvorland zeigten:

Abbildung: Häufigkeit von Überflutungslagen im bayerischen Ammersee während der letzten 5500 Jahre (BP=years before present). Abbildungsquelle: Czymzik et al. 2016.

 

Und genau das ist das Problem: Der langfristige klimahistorische Kontext wird einfach ausgeblendet, so dass die natürliche Schwankungsbreite ignoriert wird. Wenn dann eine Zeitreihe von 85 Jahren vorliegt, werden Veränderungen ohne zu zögern dem Menschen als anthropogene Leistung zugeordnet, ein geistiger Kurzschluss.

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