Henne oder Ei: Das Klima-Wolkenrätsel

Bereits mehrfach haben wir hier im Blog über die Wolken und ihren Klimaeffekt für die Erde berichtet. Es leuchtet ein, dass kleine systematische Veränderungen der Wolkendecke einen spürbaren Einfluss auf die globalen Temperaturen haben können. Die große Frage lautet dabei: Ändert sich die Temperatur, weil sich die Wolkenbedeckung geändert hat, oder ändern sich die Wolken durch Temperatureffekte („Wolkentemperaturverstärker“)? Die Welt meinte es 2016 zu wissen:

Wegen des Klimawandels haben wir weniger Wolken
Satellitendaten zeigen, wie sich die Bewölkung auf der Erde in den vergangenen Jahren verändert hat. In den mittleren Breiten gibt es weniger Wolken, im Norden mehr. Das liegt am Klimawandel.

Weiterlesen in der Welt.

Auch die ETH Zürich war sich 2016 ganz sicher, dass zuerst die Temperatur da war und dann die tropischen Wolken darauf reagierten:

Weniger Wolken in den Tropen
ETH-Wissenschaftler zeigen mit Hilfe von Satellitendaten, dass die niedere Bewölkung in den Tropen abnimmt, wenn es auf der Erde wärmer wird. Da diese Bewölkung auf das Klima einen kühlenden Effekt hat, könnte die Zwei-Grad-Marke der Klimaerwärmung früher erreicht werden als von vielen Modellen bisher vorhergesagt. […] Der Hauptgrund für die bisherigen grossen Unsicherheiten bei der Bemessung der Klimasensitivität sei, dass man bisher den Einfluss der Bewölkung – insbesondere der tiefliegenden Bewölkung in den Tropen – nur sehr ungenau habe einschätzen können, sagt Schneider. Wissenschaftler seien sich uneinig gewesen, ob und wie sich diese Bewölkung künftig – im Rahmen des Klimawandels – verändern wird. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, werteten Brient und Schneider eine grosse Menge von Satellitendaten der vergangenen 15 Jahre aus. Es handelt sich dabei um Daten von Strahlungsmesseräten an Bord von Satelliten des Nasa-Programms Ceres. Die Geräte messen kontinuierlich, wie viel Sonnenlicht von der Erde reflektiert und in den Weltraum zurückgestrahlt wird. Die ETH-Wissenschaftler konnten zeigen, dass es in der Vergangenheit in wärmeren Jahren in den Tropen weniger niedere Wolken in den Tropen gab, in kälteren Jahren mehr.

Oder vielleicht doch andersherum, was den Freunden der Klimakatastrophe natürlich nicht gefallen würde, und was daher nicht einmal laut gedacht werden darf? Die CO2-Klimasensitivität hängt maßgeblich von dieser Frage ab.

Im heutigen Blogartikel soll es um Wolkentrends gehen. Wolkendaten gibt es beim International Satellite Cloud Climatology Project (ISCCP) der NASA. Trotz einigem hin- und herklickens finden sich aber erst einmal keine brauchbaren Kurven. Wie hat sich die Wolkenentwicklung in den letzten 20 Jahren verändert? Keine Ahnung. Einige Kurven finden sich hier, die aber 2010 aufhören.

Abb. 1: Wolkenbedeckung 1983-2010. Quelle: International Satellite Cloud Climatology Project

 

Auch beim KNMI Climate Explorer gibt es Wolkendaten, wieder nur als unpraktische Rohdaten, die oft bereits 2010 enden. Das Gleiche bei Climate4You, wo bei 2010 Schluss ist, es aber immerhin schöne Diagramme gibt. Was ist bloß in den vergangenen 8 Jahren passiert mit den Wolken? Will man es uns nicht verraten? Ist der Satellit defekt? Mehr zur Albedo im Projekt „Earthshine“. Da misst man die Helligkeit des dunklen Teils des Mondes, wenn nur eine Sichel zu sehen ist. Das Licht ist reflektiertes Erdenlicht und die Helligkeit lässt Rückschlüsse auf die Wolkenbedeckung (die Albeo) zu. Leider alles recht kurze Reihen. Etwas informativer und benutzerfreundlicher ist da schon das Paper von McLean 2014:

Late Twentieth-Century Warming and Variations in Cloud Cover
From 1950 to 1987 a strong relationship existed between the El Nino-Southern Oscillation (ENSO) and HadCRUT4 global average temperature anomaly, interrupted occasionally by volcanic eruptions. After 1987 the relationship diverged, with temperature anomaly increasing more than expected, but was re-established after 1997 at an offset of ~0.48˚C higher. The period of increased warming from 1987 to 1997 loosely coincided with the divergence of the global average temperature anomalies over land, which are derived from observation station recordings, and the global average anomalies in sea surface temperatures. Land-based temperatures averaged 0.04˚C below sea temperatures for the period 1950 to 1987 but after 1997 averaged 0.41˚C above sea temperatures. The increase in the global average temperature anomaly and the divergence of land and sea surface temperatures also coincided with two significant changes in global average cloud cover. Total cloud cover decreased during the period from 1987 to 1997 and, for most of the remainder of the period from 1984 to 2009, decreases in low-level cloud were accompanied by increases in middle and upper level cloud. These changes can be found in both global average cloud cover and in each of the six 30˚-latitude bands. The impact of these changes in cloud cover can account for the variations in HadCRUT4 global average temperature anomalies and the divergence between land and sea temperatures.

Während der zweiten Hälfte der starken Erwärmungsphase 1977-1997 hat sich die tiefe Wolkenbedeckung verringert, was die Erwärmung wohl mitverursacht oder zumindest verstärkt haben wird. Auch das berühmte „global dimming“ ist wohl auf Wolken zurückzuführen, anstatt auf Abgaseffekte aus der Nutzung von fossilen Brennstoffen. Ebenso in Belgien sind die Wolken in den letzten 20 Jahren zurückgegangen. In Tibet war es während der Kleinen Eiszeit wolkig und kalt, wobei die Wolken im Laufe der Modernen Wärmeperiode zurückwichen und das Land wärmten (Liu et al. 2014). In Gesamt-China hat sich während der vergangenen 50 Jahren die Wolkendecke veringert (Xia 2012). Auch in den USA wurden im Laufe der vergangenen 30 Jahre immer weniger Wolken registriert (Foster & Heidinger 2014). Interessanterweise können 88% der beobachteten Temperaturschwankungen in Großbritannien mit der Veränderung der Wolkenbedeckung erklärt werden (Mearns & Best 2013).

 

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