Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie hält CO2-Klimasensitivität von 2°C pro CO2-Verdopplung für möglich

Das Thema CO2-Klimasensitivität ist der Schlüssel zur Entwirrung der Klimadebatte. Wie die meisten von unseren Lesern wissen, steuert die Wissenschaft derzeit auf deutlich niedrigere Werte zu. Während der IPCC lange Jahre 3,0°C Erwärmung pro CO2-Verdopplung annahm, geht die Reise in den jüngeren begutachteten Publikation stark in Richtung 2 Grad. Dem Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPIM), und speziell dessen Leiter Björn Stevens, gebührt hier große Anerkennung. Er sprach aus was viele bereits ahnten: Die Aerosole kühlen gar nicht so stark, wie in den Klimamodellen angenommen. Im Umkehrschluss kann auch das CO2 nicht so stark wärmen wie behauptet, um schlussendlich nicht über die aktuellen Temperaturen hinauszuschießen.

In einem neuen Artikel auf seiner Webseite erläuterte das MPIM die Klimasensitivität:

Klimasensitivität – Ein Maß für den Klimawandel und eine große wissenschaftliche Herausforderung

Die Klimasensitivität der Erde wurde oft als der „Heilige Gral“ der Klimawissenschaft angesehen. Es gibt keine andere Maßzahl, die soviel über Klimawandel aussagt wie die Klimasensitivität. Sie ist ein Maß für die Änderung der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur in Folge einer Verdopplung der atmosphärischen CO2-Konzentration.

Der Wert der Klimasensitivität liegt nach Einschätzung des fünften Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wahrscheinlich zwischen 1,5 und 4,5 °C und umfasst somit eine Unsicherheit, die sich seit den frühen Untersuchungen der Klimasensitivität in den 1970er Jahren nicht verringert hat. Das Gedankenexperiment der CO2-Verdopplung hat natürlich keine Entsprechung in der Realität, sondern liefert eine einfache Kennzahl zur Beschreibung der Empfindlichkeit der Erde gegenüber Kohlendioxid und anderen Antrieben, die das Klima beeinflussen könnten, wie z. B. Methan und Aerosolpartikel. Die Kenntnis dieser Zahl ist der Schlüssel zu verlässlichen zukünftigen Klimaprojektionen.

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Im Bereich der Tropen ist das Verhältnis von Schwankungen der ins All abgegebenen Infrarotstrahlung zur Oberflächentemperatur in Beobachtungen größer, als es in Klimasimulationen ist. Das könnte darauf hinweisen, dass in den Modellen wichtige Rückkopplungsprozesse fehlen. Die Idee ist, dass sich trockene und wolkenfreie Regionen in einem erwärmten Klima ausdehnen und dadurch auch mehr Infrarotstrahlung in den Weltraum entweichen würde. Dieser Prozess wurde Iris-Effekt genannt, in Analogie zur Vergrößerung der Iris eines Auges bei verstärktem Lichteinfall, bei einer gleichzeitigen Verkleinerung der Pupille.

Der Iris-Effekt könnte ein negatives Feedback bedeuten und dadurch die Klimasensitivität absenken. Frühere Schätzungen des Effektes deuteten darauf hin, dass er alle anderen positiven Rückkopplungen aufheben könnte, was zu einer Klimasensitivität von nur 1 °C führen würde. Durch das Integrieren des Iris-Effekts in das MPI-M Erdsystemmodell zeigten Mauritsen und Stevens, dass die vom Iris-Effekt verursachte, trockenere Atmosphäre zu weniger Wolken führt und somit den verminderten Treibhauseffekt durch weniger hohe Wolken aufhebt. Diese Verringerung von hohen Wolken verstärkt zudem Änderungen des Wasserkreislaufs. Sowohl eine niedrigere Klimasensitivität von etwa 2 °C als auch eine verstärkte hydrologische Änderung könnten die Modelle näher an die besten Schätzungen aus Beobachtungen heranbringen. Mauritsen und Stevens stellen sich vor, dass der Iris-Effekt in der tropischen Konvektion als physikalisch plausibler Rückkopplungsprozess eintritt, wenn sich bei steigenden Temperaturen konvektive Niederschlagswolken zu größeren, aber weniger zahlreichen, Wolken zusammenschließen.

Ganzen Artikel auf der Webseite des MPIM lesen.

Eine erstaunliche Aussage: Die CO2-Klimasensitivität könnte durchaus bei 2°C liegen, sagen die Hamburger Forscher. Eine kleine Sensation, zu der die Medien schweigen, zu unbequem ist das Ergebnis für die Klimadebatte. Nicht auszuschließen, dass Stevens in 10 Jahren dafür den Nobelpreis bekommt.

In einer aktuellen Arbeit vom 9. August 2016 die in PNAS erschien (Bony et al. 2016), untermauern Stevens und Kollegen die Iris-Theorie. In einer Pressemitteilung teilte das MPIM am 15. Juli 2016 hierzu mit:

Thermodynamik steuert Amboss-Wolkenbedeckung

In einer neuen Studie haben Dr. Sandrine Bony, IPSL, Paris, Prof. Bjorn Stevens, Tobias Becker, beide Max- Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), Hamburg, und Kollegen Prozesse identifiziert, die das Entstehen von konvektiven Amboss-Wolken steuern. Konvektive Amboss-Wolken sind großräumige Eiswolken, die sich zu Gewittern ausbilden und Eispartikel hoch in die obere Troposphäre und wieder abwärts transportieren. Es wurden Theorien darüber entwickelt, was die Höhe dieser konvektiven Amboss-Wolken bestimmt; diese Theorien sind ein wichtiger Meilenstein für unser Verständnis wie Wolken auf Erwärmung reagieren. Nun wurde zum ersten Mal eine Theorie vorgeschlagen, die erklärt, was der Größe des konvektiven Gebietes steuert. Durch eine innovative Analyse von unterschiedlich komplexen Modellen zeigen die Autoren, dass sich in einem erwärmenden Klima die Wolken in größere Höhen verschieben. Die Temperatur bleibt dabei nahezu unverändert, die Stabilität der Atmosphäre nimmt jedoch zu; dies reduziert den konvektiven Ausfluss in der oberen Troposphäre und vermindert die Amboss-Wolkenbedeckung. Die Autoren zeigen außerdem, dass die gleichen Prozesse auch die Aggregation von Konvektion beeinflussen, und dass diese Prozesse dazu beitragen, dass Konvektion bei Erwärmung stärker zur Aggregation tendiert. Zusammengefasst liefern diese Ideen die Untermauerung für den atmosphärischen Iris-Effekt, der schon lange diskutiert wird.

Dieser Stabilitäts-Iris-Mechanismus trägt wahrscheinlich zum Schrumpfen von Regengebieten bei, wenn sich das Klima erwärmt. Ob er die Klimasensitivität beeinflusst oder nicht muss weiter untersucht werden. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen zeigt diese Studie, dass der Stabilitäts-Iris-Mechanismus in den Modellen repräsentiert ist, und dass die Auswirkung dieses Mechanismus auf die Klimasensitivität zum großen Teil davon abhängt wie niedrige Wolken auf ein kleiner werdendes Amboss-Wolkengebiet reagieren. Letzteres wird in diesem Sommer im Fokus einer neuen Feldmesskampagne in der Nähe von Barbados (als Teil von NARVAL II) und einer Folgekampagne 2020 stehen.

Originalveröffentlichung:
Bony, S., B. Stevens, D. Coppin, T. Becker, K. Reed, A. Voigt and B. Medeiros (2016) Thermydynamic control of anvil-cloud amount. PNAS, Early Edition, Opens external link in current windowdoi: 10.1073/pnas.1601472113.  

Wir wünschen gutes  Gelingen in Barbados!

Abschließend schauen wir kurz auf die Medienreaktionen auf diese spannende Arbeit. Google News bringt die traurige Gewissheit: Niemand hat darüber berichtet. Schade. Dies ist bei weitem nicht das erste Mal, dass auf den ersten Blick unbequeme Pressemitteilungen von Instituten einfach ignoriert werden. Wir werden daher einen neuen Service einführen. Immer wenn wir bemerken, dass die Medien stumm bleiben, werden wir den entsprechenden Blogartikel mit dem Schlagwort („Tag“) ‚Schweigen-im-Walde‘ versehen. Die Schlagwörter können Sie am rechten Rand unserer Seite unterhalb des Begriffes „Artikel“ anklicken. Im Laufe der Zeit werden wir versuchen, dies auch für bereits veröffentlichte Artikel nachzutragen. Leider fehlt uns hier die personelle Basis. Wer hat Lust mitzuhelfen? Bitte via Kontaktformular melden.

Verwendet werden sollen die folgenden beiden Nachrichtensuchmaschinen:

Google News

Paperball

Suchbegriffe: Nachname des ersten Autors, ‚Klimawandel‘ sowie weitere griffige Begriffe aus der Studie. Das Prädikat „Schweigen im Walde“ wird verliehen, wenn sowohl Zeitungen, als auch Radiosender und TV-Sender die Nachricht ignoriert haben. Kleinere Spezialwebplattformen wollen wir mangels Masse nicht zählen. Das könnte am Ende eine schöne Materialsammlung für eine Diplom- oder Doktorarbeit geben… Wer macht mit?

 

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