Wie stark erwärmt CO2? Eine Einschätzung aus Beobachtungen im internationalen Rampenlicht

Von Frank Bosse

In einem Post auf dem Blog von Dr. Judy Curry versuchte der Autor eine Abschätzung der Größe TCR, der Transient Climate Response (vgl. hier oder zur Not hier). Sie ist die bedeutende Größe wenn es um die Vorhersage der Erwärmung durch Kohlendioxid für die nächsten Dekaden geht (vgl. auch unsere Beiträge  hier und hier). Einen ähnlichen Ansatz konnte man für eine einzelne Temperaturreihe (Cowtan/Way, C/W)  bereits in einem Vorgängerpost nachvollziehen.

Ausgangspunkt für den Beitrag auf „Climate ect.“ waren neue Berechnungen, die der Statistiker Grant Foster unter seinem Pseudonym „Tamino“ publizierte. Er hatte die Methode aus dieser Arbeit aus dem Jahre 2011 (wir berichteten) weiterentwickelt und zeigte die Temperaturentwicklung seit 1951, wenn man die Einflüsse durch ENSO (die pazifische Oszillation, die durch El Ninos und La Ninas erzeugt wird), den solaren Antrieb durch die Änderungen der  Gesamtstrahlung TSI unserer Sonne und die (kühlenden) Auswirkungen von Vulkanen  aus den Daten heraus rechnet. Aus den veröffentlichten Daten ergaben sich interessante Betrachtungen, da die antreibenden Energien (das „Forcing“) recht gut bekannt sind. Wir hatten uns hier damit beschäftigt. Die Temperaturen wie sie die „bereinigten“ Daten von vier relativ unabhängigen Beobachtungsreihen zeigen:

 

Abb 1: Die von „Tamino“ justierten Temperaturreihen HadCRUT4 (CRU), GISS, C/W und Berkeley Earth. Die schwarze Linie zeigt die Differenz zwischen GISS und dem Mittelwert der anderen drei Reihen.

 

Der Zusammenhang mit den noch verbleibenden Antrieben stellt sich für das Beispiel der Reihe von C/W (orange in Abb.1) so dar:

 

Abb.2: Die lineare Regression der Temperaturänderungen an den Änderungen des Forcings im Zeitraum 1951…2015. Durch die Entfernung von Variationen durch ENSO, TSI und Vulkanen wird 86% der Variation der Temperaturen durch die Variation der Antriebe erklärt, ohne die Operation von „Tamino“ sind dies für die originale Reihe nur 78%.

 

Die Steigung der Geraden in Abb. 2 zeigt die Änderung der Temperatur, wenn sich das Forcing um 1W/m² ändert. Es sind in diesem Falle 0,36 °C. Für die übrigen Reihen aus Bild 1 ergeben sich:

Berkely: 0,36; GISS: 0,42; HadCRUT4: 0,35.

Drei Reihen zeigen fast identische Werte für einen Antrieb von 1W/m², nur GISS weicht etwas nach oben ab. Einen möglichen Grund hierfür erkennt man, wenn man die jährlichen Differenzen (die Residuen)  zwischen den Beobachtungen und der Trendlinie (schwarz in Abb. 2) aufzeigt:

 

Abb. 3: Die 15-jährig geglätteten Residuen zwischen den Trendlinien und den Beobachtungen der 4 verwendeten Zeitreihen. Sie stehen für Einflüsse, die nicht durch äußere Antriebe auf das Klimasystem erzeugt werden, also die interne Variabilität zwischen 1951 und 2015.

 

Es ist leicht zu sehen, dass GISS vor allem zwischen 1970 und 1995 eine deutlich verminderte interne Variabilität feststellt. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden, eine mögliche wäre die im vorigen Jahr unternommene Justage bei GISS durch eine modifizierte Reihe der Meerestemperaturen, wir hatten darüber informiert (vgl. auch Abb.1).  Im Übrigen ist der Verlauf in Abb. 3 untereinander sehr ähnlich und bildet den Verlauf der Atlantischen Multidekadischen Oszillation (AMO) im Zeitraum gut ab. Die interne Variabilität der globalen Temperaturen wird wohl ganz entscheidend (alle vier verwendeten Zeitreihen zeigen diesen Sachverhalt) von der AMO bestimmt, weitere Einzelheiten dazu zeigten wir u.a. hier.

Aus den Steigungen der 4 Reihen (wie in Abb. 2 für ein Beispiel gezeigt) kann man ohne großen Aufwand die TCR ermitteln  wenn man weiß, dass eine Verdopplung des CO2- Gehaltes (wie für TCR angenommen) der Atmosphäre einen Antrieb (Forcing) von 3,71W/m² nach sich zieht. Der Median aller 4 Reihen ergibt  ~1,35 °C/ 2*Co2.

Soweit eine Kurzfassung des Artikels auf Judith Curry’s Blog. Anzumerken ist, dass dies sehr genau die Größe ist, die auch Lewis/Curry (2014) auf einem anderen Wege fanden. Ich informierte den Leadautor dieser Studie, Nicholas Lewis, daher vor der Veröffentlichung meines Artikels darüber und er erklärte sich dankenswerter Weise dazu bereit, meine kleine Abhandlung zu reviewen. In der Diskussion zum Beitrag ging es sehr munter zu, an die 200 Wortmeldungen unterschiedlichster Couleur waren zu verzeichnen. Besonders interessant waren einige Beiträge, die sich mit der Brauchbarkeit der verwendeten Methode der linearen Regression der Temperaturänderungen an den Forcingänderungen  beschäftigten. Es wurde herausgearbeitet, dass die Dauer der Beobachtungen eine große Rolle spielt, wenn die möglichen Fehler überschaubar bleiben sollen. Je kürzer die beobachtete Zeitspanne desto geringere TCR- Werte werden ermittelt. Nic Lewis argumentierte mit Modellvergleichen, die für die Dauer der Beobachtungen (Mitte 19. Jahrhundert bis heute mit größeren Fehlerbereichen zu Beginn des Zeitraumes) gleiche Ergebnisse zeigten wie die verwendete Methodik. Schließlich wurde ein Diagramm gezeigt,  das für die Zeitdauer ab 1951 die Entwicklung der Größe TCR zeigt:

Abb. 4: Der Verlauf von TCR über die Zeit. Der feste Startpunkt ist 1951 und die Kurven zeigen den Wert für die TCR zur entsprechenden Zeit  für die vier betrachteten Reihen.

 

Es wird deutlich, dass nach etwa 60 Jahren (hier ab etwa 2010) eine gute Konvergenz gegeben ist und sich die Werte dann kaum noch ändern. Damit wurde die Brauchbarkeit des Ansatzes  bestätigt, der auch schon vorher in einer begutachteten Arbeit verwendet wurde.

Das Ergebnis zeigt, dass eine Verdopplung des CO2- Gehaltes unserer Atmosphäre zunächst eine Temperaturerhöhung von ca. 1,4 °C nach sich zieht, folgt man den tatsächlich beobachteten Daten. Dies sind ca. 35% weniger als es die Modelle im Mittel vorhersehen. Für die Temperaturerhöhung bis zum Gleichgewicht auch in den Ozeanen  nach mehreren Jahrhunderten (die ECS) ermittelten Lewis/Curry (2014) einen Wert deutlich unter 2°C.   Bei all den Betrachtungen ist von dem Zahlenwerk des IPCC ausgegangen worden, das weitere natürliche Schwankungen (z.B. mögliche, im Vergleich sehr langfristige Variabilitäten durch solare Einflüsse) ausschließt.  Es wurde stillschweigend die Betrachtung übernommen, dass alle Erwärmung seit Beginn des 19. Jahrhunderts („vorindustriell“) durch vor allem anthropogene Einflüsse zustande kamen. Sozusagen der „worst case“ für unser Klima. Der ist jedoch nicht gesichert.

 

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