Die ungeliebte Verlangsamung der Erwärmung: Tricksen bis der Arzt kommt

Mit dem neuen Temperaturrekord hat es 2016 nicht geklappt. Trotzdem wollten Klimaaktivisten und kooperierende Journalisten zu Jahresbeginn der Bevölkerung eine scharfe Klimaermahnung mit auf den Weg geben. Da kam ihnen ein soeben veröffentlichtes Paper gerade recht: Die Erwärmungspause („der Hiatus“) bzw. die Verlangsamung der Erwärmung („Slowdown“) der letzten 18 Jahre existiere gar nicht, alles nur Schall und Rauch. In Wahrheit sei es kräftig wärmer geworden, und zwar in den Ozeanen. Ganz vorne bei der Berichterstattung mit dabei ist Spektrum der Wissenschaft, eine Plattform, auf der auch der Potsdamer Klimaaktivist Stefan Rahsmtorf schreibt. Der Redaktionsleiter von spektrum.de, Daniel Lingenhöhl, erklärte den Lesern höchstpersönlich:

Klimawandel: Keine verlangsamte Erwärmung im Ozean
Während der letzten 15 Jahre sollen sich die Weltmeere nur verlangsamt erwärmt haben. Manche sprachen sogar von einer Pause. Doch das wurde erneut widerlegt.

Seit dem Weltklimabericht 2013 wird heftig diskutiert, ob es seit der Jahrtausendwende nur eine verlangsamte Erwärmung in den Ozeanen gegeben habe; manche sprachen sogar von einer regelrechten „Pause“. Diese These wurde nur zwei Jahre später widerlegt. Sie beruhte auf einem technischen Artefakt und wurde auf veränderte Messmethoden zurückgeführt: Die Daten von Sensoren am Kühlwasserzustrom von Schiffen hätten demnach zu niedrige Temperaturen widergegeben. Die Aufheizung der Ozeane hätte anhand der korrigierten Werte tatsächlich bei 0,12 Grad Celsius pro Jahrzehnt gelegen und damit den Anstiegen in der Zeit davor wie danach entsprochen. […] Eine neuerliche Analyse der Daten durch weitere, von der NOAA unabhängige Klimatologen in „Science Advances“ kommt nun jedoch zum gleichen Schluss. Für ihre Arbeit zogen Zeke Hausfather von der University of California in Berkeley und Kollegen die Messdaten von drei verschiedenen Quellen aus den letzten 30 Jahren zusammen: von Satelliten, stationären sowie autonomen Sensorbojen

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Weitere übliche Verdächtige stiegen in die Geschichte ein, z.B. Joachim Müller-Jung von der FAZ („Klimawandel Eine Verschnaufpause? Die gab es nie!„), der keine Gelegnheit zur Förderung des Klimaalarms auslässt. Die Original-Pressemiteilung der University of California, Berkeley gibt es hier. Schauen Sie sich einmal die dazugehörige Abbildung genau an:

Abbildung 1: Ozeantemperaturen seit 1999 laut Hausfather et al. 2017. Originalbildunterschrift: „A new UC Berkeley analysis of ocean buoy (green) and satellite data (orange) show that ocean temperatures have increased steadily since 1999, as NOAA concluded in 2015 (red) after adjusting for a cold bias in buoy temperature measurements. NOAA’s earlier assessment (blue) underestimated sea surface temperature changes, falsely suggesting a hiatus in global warming. The lines show the general upward trend in ocean temperatures. Credit: Zeke Hausfather, UC Berkeley“.

 

Gut zu erkennen ist der händische Eingriff in die Datenbasis: In blau die alte Temperaturkurve; in rot die neue, künstlich versteilte Kurve. So einfach kann man Erwärmung am Schreibtisch erzeugen. Genial. Uns interessieren hier vor allem die Satellitendaten in orange. Irgendetwas macht uns stutzig. Der aufwärtgerichtete Trend war uns bisher irgendwie entgangen. Zum Glück kann man sich die Originaldaten auf Woodfortrees selber plotten lassen. Wir wählen die globalen Daten, da der größte Teil der Erde sowieso aus Ozeanen besteht und weil es für einen ersten Plausibilitätscheck ausreicht. Hausfather zeigt in seiner Graphik die Werte ab 1999, das machen wir auch:

Abbildung 2: Globale Temperaturentwicklung seit 1999 auf Basis von Satellitendaten (RSS).

 

Ok, hier lässt sich ein ansteigender Trend – also eine Erwärmung – durchaus nachvollziehen. Die in der Hausfather-Graphik gut erkennbaren Abkühlungsjahre 2000, 2008 und 2012 sind auch in der RSS-Kurve sichtbar. Aber weshalb beginnt die Kurve exakt im Jahr 1999? Wir gehen ein weiteres Jahr zurück, lassen die Kurve von El Nino zu El Nino plotten:

 

Abbildung 3: Globale Temperaturentwicklung seit 1998 auf Basis von Satellitendaten (RSS). Trend in grün.

 

Welch Überraschung: Schön zu sehen ist der „Hiatus“ bzw die abgebremste Erwärmung zwischen den beiden Mega-El Nino Jahren 1998 und 2015/16. Laut IPCC-Modellen sollten die Temperaturen pro Jahrzehnt um zwei Zehntelgrad ansteigen. Bei fast zwei Jahrzehnten war eine Erwärmung um 0,4°C zu erwarten. In Wahrheit eingetreten sind jedoch weniger als 0,1°C. Nun könnte man sagen, lasst doch mal diese schlimmen El Ninos einfach aus. Was ist zwischen diesen beiden Wärmeereignissen passiert? Wir plotten entsprechend von 1999 bis 2015:

Abbildung 4: Globale Temperaturentwicklung 1999-2015 auf Basis von Satellitendaten (RSS). Trend in grün.

 

Wieder ist die Erwärmung minimal, vielleicht ein zwanzigstel Grad. Da beißt die Maus keinen Faden ab: Der Slowdown ist real und muss ernst genommen werden. Eine Vielzahl von Forschern tut dies bereits und schreibt eifrig Papers zum Thema. Kühlende Ozeanzyklen sind vermutlich die Ursache der ausgebremsten Erwärmung.

Daniel Lingenhöhl, Joachim Müller-Jung, Zeke Hausfather et al. kämpfen unentwegt gegen den unerwarteten Hiatus an – und machen sich dabei gänzlich lächerlich. Was werden sie in zehn Jahren im Rückblick zu ihrem Aktivismus zu sagen haben, wenn die wahre Temperaturentwicklung bekannt sein wird? Jede Wette, dass sie dann gar nicht mehr gerne an ihre wilde Aktivistenzeit erinnert werden wollen…

Siehe auch Besprechung der Arbeit auf GWPF, WUWT, Judith Curry, Blasting News

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Realistischer ist dieser Ansatz von Yan et al. 2016, zu dem die American Geophysical Union (AGU) am 22. November 2016 die folgende Pressemitteilung herausgab:

Study sheds new insights into global warming ‚hiatus‘

A new study of the temporary slowdown in the global average surface temperature warming trend observed between 1998 and 2013 concludes the phenomenon represented a redistribution of energy within the Earth system, with Earth’s ocean absorbing the extra heat. The phenomenon was referred to by some as the “global warming hiatus.” Global average surface temperature, measured by satellites and direct observations, is considered a key indicator of climate change.

In a study published today in Earth’s Future, a journal of the American Geophysical Union, lead author Xiao-Hai Yan of the University of Delaware, Newark, along with scientists from NASA’s Jet Propulsion Laboratory, Pasadena, California, and several other institutions discuss new understanding of the phenomenon. The paper grew out of a special U.S. Climate Variability and Predictability Program (CLIVAR) panel session at the 2015 American Geophysical Union Fall Meeting.

“The hiatus period gives scientists an opportunity to understand uncertainties in how climate systems are measured, as well as to fill in the gap in what scientists know,” Yan said.

“NASA’s examination of ocean observations has provided its own unique contribution to our knowledge of decadal climate trends and global warming,” said Veronica Nieves, a researcher at JPL and the University of California, Los Angeles and co-author of the new study. “Scientists have more confidence now that Earth’s ocean has continued to warm continuously through time. But the rate of global surface warming can fluctuate due to natural variations in the climate system over periods of a decade or so.”

Where’s the missing heat?

While Yan said it’s difficult to reach complete consensus on such a complex topic, a thorough review of the literature and much discussion and debate revealed a number of key points on which these leading scientists concur:

  • From 1998 to 2013, the rate of global mean surface warming slowed, which some call the “global warming hiatus.”
  • Natural variability plays a large role in the rate of global mean surface warming on decadal time scales.
  • Improved understanding of how the ocean distributes and redistributes heat will help the scientific community better monitor Earth’s energy budget. Earth’s energy budget is a complex calculation of how much energy enters our climate system from the sun and what happens to it: how much is stored by the land, ocean or atmosphere.

“To better monitor Earth’s energy budget and its consequences, the ocean is most important to consider because the amount of heat it can store is extremely large when compared to the land or atmospheric capacity,” said Yan.

According to the paper, “arguably, ocean heat content—from the surface to the seafloor—might be a more appropriate measure of how much our planet is warming.”

Charting future research

In the near term, the researchers hope this paper will lay the foundation for future research in the global change field. To begin, they suggest the climate community replace the term “global warming hiatus” with “global surface warming slowdown” to eliminate confusion.

“This terminology more accurately describes the slowdown in global mean surface temperature rise in the late 20th century,” Yan said.

The scientists also called for continued support of current and future technologies for ocean monitoring to reduce observation errors in sea surface temperature and ocean heat content. This includes maintaining Argo, the main system for monitoring ocean heat content, and the development of Deep Argo to monitor the lower half of the ocean; the use of ship-based subsurface ocean temperature monitoring programs; advancements in robotic technologies such as autonomous underwater vehicles to monitor waters adjacent to land (like islands or coastal regions); and further development of real- or near-real-time deep ocean remote sensing methods.

Yan’s research group reported in a 2015 paper that some coastal oceans (e.g., U.S. East Coast, China Coast) responded faster to the recent global surface warming rate change than the global ocean.

“Although these regions represent only a fraction of the ocean volume, the changing rate of ocean heat content is faster here, and real-time data and more research are needed to quantify and understand what is happening,” Yan said.

Variability and heat sequestration over specific regions (e.g., Pacific, Atlantic, Indian, Southern Oceans, etc.) require further investigation, the authors conclude. However, there is broad agreement among the scientists and in the literature that the slowdown in the global mean surface temperature increase from 1998 to 2013 was due to increased uptake of heat energy by the global ocean.

 

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