Die Sonne im März 2018 und Neues über die Treibhausgas-Empfindlichkeit unseres Klimas

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Unser Energiespender war im März noch inaktiver als in den Vormonaten. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) betrug sage und schreibe noch 2,5, dies sind ganze 8% des in diesem Zyklusmonat (Monat  112) Üblichen. Lediglich an 6 der 31 Tage des Monats war überhaupt ein Sonnenfleck zu bemerken.

Abb.1: Der aktuelle Zyklus (SC: solar cycle) 24 (rot) und ein mittlerer Zyklus- errechnet aus den Daten der bisherigen Zyklen 1-23- (blau)  sowie der seit 2015 im Verlauf  sehr ähnliche Zyklus 5 (schwarz).

 

Eine Beobachtung am 10. April 2018 lässt aufhorchen: Bei etwa 30° südlicher heliosphärischer Breite erspähte der Sonnenforschungssatellit „SDO“ einen winzigen Fleck ( er war viel zu klein um Eingang in die offizielle SSN zu finden) der etwas Besonderes darstellte: der erste sicher nachgewiesene Sonnenfleck, der zum nächsten Zyklus ( Nr. 25) gehört.

Sonnenflecken sind magnetische Phänomene: Das thermisch bewegte  Plasma in der äußeren Schale der Sonne erzeugt elektrische Stromflüsse. Jeder Strom erzeugt ein Magnetfeld. Je nach Stromrichtung ist das Magnetfeld polarisiert und diese wechselt auf der Sonne mit dem Zyklus. SDO ist in der Lage, die Polarität des Magnetfeldes für jeden Fleck zu bestimmen und machte diese Aufnahme:

Abb.2: Das magnetische Abbild der Sonne mit dem Fleck , dessen Magnetfeld die Polarität des Zyklus 25 aufweist. Quelle  Alle Flecken des noch laufenden Zyklus 24 sind umgekehrt polarisiert: der weiße Abschnitt rechts, der schwarze Abschnitt links. Der winzige Fleck zeigt es genau anders herum.

 

Ist das nun das Ende des Zyklus 24, 20 Monate vor dem erwarteten etwa bei Monat 132? Bestimmt nicht, und der Zyklus 25 hat auch noch nicht begonnen, denn es werden noch genug Flecken mit der magnetischen Signatur des laufenden Zyklus auftauchen, vielleicht ebenso ähnlich zum SC 5, vgl. Abb.1. In den Monaten des Minimums an Sonnenflecken können jedoch schon Flecken beobachtet werden, die zum nächsten Zyklus gehören, es gibt eine Übergangsphase mit Signaturen beider Zyklen. Somit zeigt die Beobachtung des 10.April eines an:

Das Minimum hat begonnen.

Es kann sich auch noch länger hinziehen bis der nächste Zyklus ausgerufen werden kann. Ob der Zyklus 24 also nicht nur sehr schwach sondern auch noch außergewöhnlich kurz ist können wir noch nicht sagen. Eigentlich dauerten schwächere Zyklen bisher länger als stärkere, ob SC24 hier auch eine Ausnahme machen wird ist schwervorherzusagen. Wir halten Sie auf dem Laufenden, versprochen! Wir bescheiden uns bis dahin mit einem Blick in die Vergangenheit:

Abb.3: Der Vergleich der Aktivität der Zyklen untereinander. Die Werte entstanden durch die Aufsummierung der monatlichen Abweichungen vom Mittelwert der Zyklen 1…23 (blau in Abb.1).

 

Für die Abschätzung der erwarteten Stärke des nächsten Zyklus werfen wir regelmäßig einen Blick auf die polaren Felder der Sonne. Die aktuellsten Daten sprechen für eine sehr ähnliche zu erwartende Aktivität des SC25 ab etwa 2020 wie im SC24. Damit ist nicht mit einer Rückkehr zu normal starker Sonnenaktivität bis etwa 2031 zu rechnen. Ein „großes Minimum“ wie in den Jahren 1645…1715 (Maunder –Minimum während der „kleinen Eiszeit“) ist jedoch ebenso unwahrscheinlich.

 

Neues von der Klimasensitivität gegenüber Kohlendioxid-Erhöhung

Wir haben recht oft ( z.B. hier , hier, hier )  berichtet über relativ einfache und völlig logische Methoden, die Empfindlichkeit gegenüber steigenden CO2- Konzentrationen unseres Klimas aus Beobachtungen abzuleiten. Im Prinzip laufen diese Verfahren stets darauf hinaus, die beobachtete Temperaturerhöhung von etwa 1865 bis heute zu vergleichen mit den ebenfalls bekannten Daten des Antriebs ( englisch: Forcing), beispielweise durch Treibhausgase ( englisch: GHG für GreenHouseGases), Aerosole, Änderungen der Sonnenabstrahlung usw.,  um damit eine  Energiebilanzrechnung anzustellen.

Man kann zwei Techniken mit den gleichen Daten benutzen: einmal errechnet man Differenzen in Temperatur und Forcing für unterschiedliche, möglichst zeitlich größere Zeitspannen oder man benutzt über längere Spannen das Verfahren der Regression unter Einbeziehung aller jährlichen Daten. Beide Verfahren haben Vor-und Nachteile, das Ergebnis ist jedoch sehr ähnlich: Pro W/m² Forcing ergeben sich etwa 0,35 °C Erhöhung der globalen Temperatur. Das Ergebnis schwankt nur sehr wenig über die Zeit, wenn man die interne Variabilität (also alle Änderungen, die nicht durch äußere Antriebe entstehen wie z.B. durch El Ninos oder die meridionale atlantische Variabilität, AMO) ausreichend berücksichtigt. Diese Zahl ist deshalb so bedeutend, weil eine Multiplikation mit der bekannten Forcing-Auswirkung einer CO2- Verdopplung (ca. 3,8W/m²) die TCR (Transient Climate Response) errechnet, die mit der empirisch ermittelten Zahl oben ca. 1,3°C ergibt.

Eine Verdopplung des CO2- Gehaltes unserer Atmosphäre bewirkt also nach dem was bisher an Temperaturänderung durch das Forcing beobachtet wurde (immerhin inzwischen über 150 Jahre Dauer), eine Erwärmung um ca. 1,3°C. Es wird noch etwas mehr, wir erwärmen auch die Ozeane und die reagieren über mehrere Jahrhunderte verzögert. Diese Größe wird ECS genannt. Eine brandneue Arbeit von Nicolas Lewis und Judith Curry im renommierten Fachblatt „Journal of Climate“  (hier ist das gesamte Paper zu finden, die zusätzlichen Materialien sind hier) beschäftigt sich mit den neuesten verfügbaren Daten. Sie ist in weiten Teilen ein Update ihrer Arbeit aus 2014. Es wurden die Fortschritte in der Bestimmung der Forcing-Daten (die größte Unsicherheit bei dem Verfahren) und die der verarbeiteten Temperaturreihen bis hin zum Jahre 2016 vervollständigt. Um den Wert der Arbeit herauszuarbeiten fangen wir am besten mit ihren Schlussfolgerungen an:

„Die Auswirkung unserer Ergebnisse ist, dass die Annahme von hohen Werten für ECS und TCR, abgeleitet durch die Mehrheit der CMIP5- Modelle  (die Klimamodelle für den 5. Sachstandsbericht des IPCC aus 2013, die neuesten die verfügbar sind, d.A.)  inkonsistent sind  mit der beobachteten Erwärmung über historische Zeiträume. Weiterhin zeigen unsere Abschätzungen für TCR und ECS dass über lange Zeiträume die Erwärmung nur etwa 55…70% dessen betragen wird, was die CMIP5 Modelle simulieren.“

Rechnen wir zurück: die Modelle sagen im Mittel  1,85 °C Erwärmung (TCR) bei Verdopplung des CO2- Gehaltes voraus. Lewis/Curry widersprechen dem und ermitteln eine TCR von 1,33 °C. Bis 2100 betrüge die Erwärmung durch TCR – wenn der CO2-Gehalt dann ca. 600ppm betragen sollte – bei den Modellen von über 2 Grad ( 600 ppm/500 ppm*1,85 ) und bei Lewis /Curry  von etwa 1,5 Grad. Und sie sagen explizit: Die Modelle irren!

Wie kommen sie darauf? Ihre ermittelten Werte aus Beobachtungen betragen  für TCR  1,33°C (1…1,9 °C mit 95%iger Wahrscheinlichkeit) und für ECS  1,66 (1,15…2,7°C). Gegenüber der Vorläuferarbeit aus 2014 änderte sich kaum etwas an den wahrscheinlichsten Werten, der obere Bereich des 95%-Bandes ging jedoch deutlich zurück. Neuere Forcingdaten und ein geringeres Rauschniveau in den Daten durch die weitere Erwärmung machten dies möglich. Dabei ließen sie sogar den sehr starken ElNino (interne Variabilität)  in 2015/16 in ihre Berechnungen einfließen.

Besonders interessant ist ein Abschnitt (Nr. 7), indem sich die Autoren mit anderen Arbeiten auseinandersetzen, die nach 2014 erschienen sind und viel höhere Empfindlichkeitswerte postulieren. Wie geht so etwas, fragt sich der staunende Leser, wenn doch die Resultate schon 2014  und auch davor bereits bekannt waren? Schließlich wurde die Arbeit Otto u.a (2013) über 200mal, Lewis/Curry (2014)  65mal in der Fachliteratur verwendet.

Es wurden danach die wirklich abenteuerlichsten Theorien entwickelt um die hohen Modellwerte zu „retten“ entgegen dem was empirisch beobachtet wird. So wurde bezweifelt, dass die beobachteten Temperaturen valide sind. Beobachtungen infrage zu stellen und Modellen mehr zu vertrauen ist schon sehr fragwürdig.  In sehr vielen wissenschaftlichen Arbeiten wird die CRU- Reihe verwendet, so auch in den beiden aus 2013 und 2014. Es wurde unterstellt, dass diese Daten die Erde nicht repräsentativ genug abbilden. Eine andere Reihe bringt nun im Vergleich kaum Unterschiede im Ergebnis, die oben zitierten  Zahlen wurden mit diesen Daten (Cowtan & Way) ermittelt.

Besonders steile Thesen liefen darauf hinaus, dass das Forcing über die historische Periode nicht mit voller Kraft wirken konnte, weil die räumlichen Muster der Erwärmung in diesem recht langen Zeitraum so ganz besonders waren. Mit weiterer (zukünftiger, logisch!) Erwärmung käme dann der Mann mit dem Hitze-Hammer! Eine andere: Die ECS MUSS zwangsläufig über  2°C  liegen, weil die Rückwirkungen z.B. des Wasserdampfes (wird bei Erwärmung mehr und ist selbst ein Treibhausgas) und Wolken dies so fordern.

Mit all diesen Einwänden gegen die Methode der Energiebilanz aus Beobachtungen gehen die Autoren ins Gericht und widerlegen sie Punkt für Punkt. Wer an weiteren Einzelheiten interessiert ist sei auf diese Diskussion verwiesen.  Nic  Lewis als Leitautor erläutert dort weitere Details der Arbeit und es wird munter diskutiert.

Besonders irreführend sind  aktuelle Arbeiten („Emergent constraints…“, also „erzwungene Grenzen…“) , die die Empfindlichkeit angeblich von Beobachtungen ableiten.  In Wirklichkeit benutzen die Autoren stets eine Beobachtung und schauen, welche Modelle sie am besten wiedergeben. Resultat: ECS nahe 3, wie nicht anders zu erwarten mit diesem Ansatz. Die allermeisten Paper dazu sind in der Fachwelt schon durchgefallen, mit ganzen vier lohnte noch die Beschäftigung, auch die wurden in Ihren Aussagen stark erschüttert. Wer dazu mehr erfahren will sollte hier, hier und hier lesen.

Mit der neuen Arbeit von Nic Lewis und Judy Curry wird es wohl auch für den nächsten Sachstandbericht des IPCC im nächsten Jahr praktisch unmöglich, bedeutend höhere Sensitivitäten zu postulieren, wenn man die Beobachtungen von 150 Jahren Dauer einfließen einfließen lässt und sich  nicht von Modellen leiten lässt, die mit der beobachteten Realität des irdischen Klimasystems nicht in Einklang zu bringen sind. Die neuen wissenschaftlichen Veröffentlichungen widerlegen alle bekannten Thesen und Einwände gegen die angewendete Methode. Auch die neuesten Klimamodelle geben die Wirklichkeit nicht wieder.  Eine ECS von 1,66 und eine TCR von ca. 1,3 sagt auch die Klimakatastrophe bis 2100 ab. Damit die 2°C nicht überschritten werden, müssen wir die Emissionen in den nächsten hundert Jahren auf das vorindustrielle Niveau senken. Viel Zeit für eine technologieoffene nachhaltige Energiezukunft.  Wir sind optimistisch, dass dies zu schaffen ist. In der nächsten Kolumne zeigen wir, wie das gehen kann. Bleiben Sie neugierig!

 

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