Die Sonne im August 2017 und Hurricans zwischen Propaganda und Wissenschaft

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Das gigantische „Fusionskraftwerk“ im Massezentrum unseres Planetensystems war auch im August wieder ein „Underperformer“. Die festgestellte Sonnenfleckenzahl  (SSN für SunSpotNumber) betrug 33,1. Im letzten Monat war die Nordhemisphäre deutlich führend mit 4/5 der Gesamtaktivität. Die Fleckenzahl erreichte immerhin rund 73% des Mittelwertes dieses Zyklusmonats über alle systematisch beobachteten 23 vollendeten Zyklen seit 1755.

Abb.1: Die Aktivität des aktuellen Zyklus 24 (rot) im Vergleich zu einem mittleren Zyklus ( blau) und dem im absteigenden Ast der Aktivität recht ähnlichen Zyklus 5 ( schwarz).

 

An keinem Tage des August war die Sonne fleckenfrei, ab Mitte des Monats sahen wir ein deutliches Ansteigen der Aktivität. Der Ausblick auf den September ist damit viel versprechend, wir werden (wahrscheinlich) unseren stereotypen Eingangssatz („Die Sonne war auch Vormonat unterdurchschnittlich aktiv“ o.ä.) aufgeben können und wir hoffen, dass Sie das mit uns gebührend feiern werden.  Es gab nämlich am 6.9. eine größere Explosion auf der Sonne, ein X9.3 –Flare. Im Vorgriff auf unseren September-Bericht hier schon einmal ein Foto dieses Ereignisses:

Abb. 2: Der Flare am 6.9. wie ihn die Sonde SDO aufzeichnete. Quelle: NASA

 

Bleiben Sie also gespannt auf den nächsten Sonnenreport. Bis August 2017 stellte sich der Verglich der Zyklen untereinander so dar:

Abb.3: Die relative Stärke der Zyklen 1…24 bis zum aktuellen Monat 105 des SC24. Die Werte entstehen durch monatliche Aufsummierung der Differenzen zum mittleren Zyklus (blau in Abb.1).

 

Ob wir gegen Ende des Zyklus ( 80% seiner mittleren Lebensdauer von 11 Jahren sind inzwischen verstrichen) eine länger andauernde Aktivitätssteigerung sehen werden? Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels sieht es nicht so aus, die großen Flecken des Monatsbeginnes im September waren wohl eher nur ein Gastspiel. Aber genau wissen kann man es bei der Sonne nie.

 

Hurricans zwischen Propaganda und Wissenschaft

Die aktuellen verheerenden Hurricans  (so bezeichnet man ausschließlich die großen tropischen Wirbelstürme des nördlichen Atlantiks) Harvey und bis jetzt Irma der höchsten Kategorie 5 riefen erwartungsgemäß einige Klima-Aktivisten auf den Plan. Das mediale Interesse ist garantiert, schließlich bringen diese Unwetter Zerstörung und Menschenopfer mit sich. Einige Beispiele hierhier, hier  , hier .  Der Tenor in allen Stellungnahmen: Die Hurricans werden nicht unmittelbar durch den Klimawandel verursacht, ihre Mächtigkeit (und damit ihre Zerstörungskraft) nimmt jedoch zu durch die menschgemachte Erwärmung.  Die These:  Wärmere Ozeane im Entstehungsgebiet der Wirbelstürme lassen mehr Wasserdampf entstehen und der vergrößert die Energiemenge in den Hurricans. Klingt doch plausibel, oder? Ist die Wissenschaft unserer Atmosphäre in Wechselwirkung mit den Ozeanen so einfach wie man es uns glauben machen will? Wir begeben uns auf die Suche. Wir nehmen die stärksten Hurricans der Kategorie 4 und 5 (also die mit der sich „mit dem menschgemachten Klimawandel manifestierenden zunehmenden Zerstörungskraft“) auf:

Abb. 4: Die Anzahl der Hurricans der Kategorie 4 und 5 zwischen 1924 und 2016

 

In den 30er und 50er bis in die frühen 60er Jahre sahen wir ebenfalls recht viele sehr starke Hurricans in den kritischen Monaten des späten Sommers,  nach 2010 gingen sie trotz weiterer  Erwärmung  deutlich zurück. Es entstehen leise Zweifel an der Stichhaltigkeit der Argumentation. Viele neuere Aussagen zum Anwachsen der Mächtigkeit einzelner starker Hurricans  gehen auf diese Arbeit zurück. Darin untersuchen die Autoren den Zusammenhang dadurch, dass sie einen Index („ACCI“) für die anthropogene Erwärmung aus Modellen ermitteln. Sie lassen die Temperaturen einmal mit der Wirkung von Treibhausgasen errechnen und einmal ohne diese. Die Differenz soll  dann anthropogen sein und wird zum ACCI Index der Arbeit. Wie schlecht Modelle die reale Entwicklung räumlich aufgelöst( für die Untersuchung hier besonders wichtig)  abbilden, hatten wir Ihnen ja bereits gezeigt. Die Fragezeichen werden nicht weniger. Für ihre Betrachtung untersuchen die Autoren lediglich den Zeitraum ab 1975. Damit sind die Häufungen an starken Hurricans davor ohne menschliche Ursachen (vgl. Abb. 4) mit einem ACCI Index nahe null schon mal  außen vor. Sie bilden das Verhältnis der Cat 4,5 –Stürme zu der Gesamtanzahl der Hurricans pro Saison. Für die Aussagen zum nördlichen Atlantik kommt es dann allerdings dick:

Abb. 5: Die Abhängigkeit des Anteils an starken(Cat.4-5) Stürme von dem modellierten Temperaturanstieg (ACCI) in verschiedenen Ozeanen, grün ist das Hurrican- Gebiet im Atlantik, rot: Indischer Ozean;  blau: Pazifik. (Quelle: Fig. 5b aus Holland et.al (2014).

 

Selbst für die Daten 1975 bis 2011, die in der Arbeit ausgewertet werden, ergibt sich kein signifikanter Trend und nur 26% der Variation der Anzahl der stärksten Hurricans lässt sich auf die Variation des modellierten Temperaturverlaufs zurückführen. Das ist eigentlich kaum eine Aussage wert, würde man die vorliegenden Daten bis 2016 einbeziehen, wäre das schlechte Ergebnis noch verheerender, vgl. Abb.4. Schon in der Arbeit wird das Ergebnis so kommentiert:

„Das führt zu der verblüffenden Möglichkeit, dass für einzelne Regionen die Festigkeit des Zusammenhanges umgekehrt proportional zur Anzahl der beteiligten Stürme ist.“

Der globale Trend wird fast ausschließlich durch den festen Zusammenhang im Indischen Ozean (rot in Abb.5) mit nur wenigen ausgewerteten Stürmen hergestellt. Der Pazifik mit seinen zahlreichen starken tropischen Stürmen (dort Taifune genannt, blau in Abb.5) weist auch mit den ausgesuchten Daten überhaupt keinen Zusammenhang auf (R² = 0,03). Die Autoren versprachen weitere Untersuchungen dazu. Ein kritischerer Reviewer hätte die Arbeit zunächst zurückgewiesen und auf das Ergebnis dieser Untersuchungen gewartet.

Die Einbeziehung der frühen Daten ließe auch für den Atlantik alles an Korrelation in sich zusammenbrechen, denn die Arbeit sieht einen menschgemachten Anteil an den Temperaturanstiegen erst nach 1960. Hier wurden auch noch die einigermaßen passenden Zeiträume gesucht und gefunden. Dabei ist die dekadische Variabilität der Energie der Hurricans (vgl. Abb. 8 unten) weithin bekannt, in der Literatur wird ein Einfluss der AMO nachgewiesen. Eine Arbeit unter Führung von Kevin J.E. Walsh von der Universität Melbourne zeigt die Schwierigkeiten auf, so etwas in den Griff zu bekommen:

„However, the Atlantic basin is noted for having significant multidecadal variability in TC (Tropic Cyclons, d.A.) activity levels. The basin was characterized by a more active period from the mid-1870s to the late 1890s as well as the mid-1940s to the late 1960s. These periods may have had levels of activity similar to what has been observed since the mid-1990s.”

Aus den Trends 1975…2011 einen starken anthropogenen Einfluss auf die Wucht der aktuellen starken atlantischen Ereignisse hinein zu interpretieren, grenzt im Lichte dieser Erkenntnisse schon an Dreistigkeit. Offensichtlich ist der behauptete evidente Zusammenhang zwischen dem menschgemachten Klimawandel und der sich verstärkenden Hurricans nicht nachgewiesen. Was also beeinflusst die Energie der Hurricans wirklich? Wir werden fündig in einer neuen Arbeit . Die Autoren ( es sind ausgewiesene Sturm-Experten) um Mark A.Saunders aus Großbritannien und den USA untersuchten akribisch die Beobachtungen soweit die Daten zurück reichen bis 1878 und finden besonders eine Größe, die die Energie der Hurricans sehr gut beschreibt: es ist die Stärke des nördlichen Passatwindes.

Abb. 6: Die Korrelation (r, blau)und ihre Signifikanz (p<0,1 ist hoch signifikant, rot ) der Energie der Hurricans (ACE für Accumulated Cyclone Energy), -durchgehend blau- und ihrer Anzahl -gepunktet blau- mit dem Passatwind. Besonders in den frühen Jahren und nach etwa 1950 ist der Zusammenhang außerordentlich robust. Quelle: Fig. 3a aus Saunders et.al (2017).

 

Eine zweite (damit auch zusammenhängende) Größe verbessert die Korrelation noch weiter: die Differenz der Meerestemperaturen  zwischen dem MDR (für Main Developing Region, das Seegebiet 10°N…20°N und 85°W…20°W)  und den globalen tropischen Meerestemperaturen  für  10°S bis 10°N. Es ist schon länger bekannt, dass die Hurrican-Entwicklung in ElNino Phasen gedämpft wird im Gegensatz zu  LaNina –Ereignissen. Diese Erscheinung ist ebenfalls Ausdruck der natürlichen Variabilität. Beeinflusst die vom Menschen getriebene Erwärmung der Ozeane an ihrer Oberfläche eine dieser Größen? Jetzt nehmen auch wir einmal Modelle zu Hilfe und lassen sie berechnen, ob sich die Tropen und der MDR unterschiedlich erwärmen sollen:

Abb. 7: die Erwärmungstrends der Ozeane im Mittel ( also nur der menschgemachte antreibende Anteil) der Modelle CMIP5  von 1861…2100. Das Bild wurde mit dem Climate Explorer generiert.

 

Es gibt da keine stärkere Erwärmung des MDR, alles in den Tropen wird sehr gleichmäßig warm. Aber es gibt eine ausgeprägte dekadische Variabilität wie die Beobachtungen seit 1854 zeigen.

Abb.8: Die Differenz der Meerestemperaturen (SST für Sea Surface Temperatures) von MDR und Tropen nach den Beobachtungen ERSSTv5 mit einer 10-jährigen Glättung. Die schwarze Linie ist nicht die Abszisse sondern der lineare Trend! Man beachte das AMO-ähnliche Muster.

 

Und die Passatwinde? Sollen die zunehmen  mit dem Klimawandel? Eher nicht, es gibt Literatur die eher ihr Abnehmen mit ihm vermutet und damit auch einen Rückgang der Hurricans. Alles an Wissenschaft, was sich ernsthaft mit den Hurricans beschäftigt, weist  keine Verschlimmerung der Hurricans durch den menschgemachten Klimawandel nach. Aber was ist denn nun mit der Thermodynamik: wärmere Ozeane, mehr Verdunstung, mehr  Hurricanenergie, die wir so oft hören? Ein Aufsatz von  Friederike Otto  aus Oxford rückt es gerade: Es gibt sehr viele mögliche Interaktionen bei diesem hoch komplexen Wetterphänomen.

„Dynamical factors and thermodynamic aspects of climate change can interact in complex ways and there are many examples where the circulation is as important as the thermodynamics.”

Und die schönen Modelläufe, die eine nicht vom Klimawandel betroffene Computerwelt mit einer ebenfalls berechneten,  unsere Einflüsse jedoch enthaltenden, gegenüberstellen? Otto sagt:

„But in practice this requires climate models that are able to reliably simulate the weather systems in questions over and over again to assess the likelihood of its occurrence.”

Es gibt die für solche Ereignisse benötigten Modelle schlicht nicht. Ein Artikel der BBC stellt am Ende klar, wo der menschgemachte Anteil an „Harvay“ und anderen Hurricans liegt: Die Leute siedeln immer mehr in den gefährdeten Gebieten. Vielleicht bleibt doch ein anthropogener Part der Auswirkungen (Fluten) von Hurricans übrig: Mit zunehmender Erwärmung der Ozeane wächst der Meerespegel, das ist unbestritten. Er hat seit 1960 um ca. 10 cm zugelegt. Die Wellen, die ein Hurrican erzeugt,  sind bis zu 6 m hoch. Der Ansatz, den Aktivisten medial immer wieder ins Spiel bringen, ist völlig untauglich wie wir sahen. Er beschreibt die Welt schön simpel- zu simpel! Wünschen wir also den betroffenen Menschen in den Hurrican- Gebieten, dass diese Kurve…

Abb. 9: Die aktuelle Differenz der Temperaturen zwischen dem MDR und den globalen tropischen Ozeanen, Quelle: „Tropical Tidbits“

 

…möglichst bald wieder zurück nahe null geht. Sie dokumentiert das Auseinanderdriften der Temperaturen im MDR und den tropischen Ozeanen in den letzten Monaten. Dort und in der Passatwindstärke liegen die wahren Gründe für die schlimmen Hurricans.  Alles andere ist Propaganda im Sinne einer angeblich „guten Sache“.

 

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