Die große Transformatorin

Maja Göpel beschäftigt uns mal wieder. Es geht aber gar dieses Mal nicht wirklich darum, ob Göpel beim Schreiben ihres letzten Buches “Die Welt neu denken” Hilfe in Anspruch genommen hat oder nicht. Alexander Wendt von Publicomag hat sich Göpels letztes Buch etwas genauer angesehen. Sein Urteil über das Buch und die Aussagen darin sind alles andere als schmeichelhaft. Zunächst geht Wendt auch auf das Ghostwriting ein.

“Göpel erklärt, sie habe Journalisten bei etlichen Gelegenheiten erklärt, mit einem Co-Autor gearbeitet zu haben. Was die Frage aufwirft, warum diese Information es vor dem Zeit-Artikel in keine der vielen journalistischen Texte über das Buch schaffte. Eine Spiegel-Autorin traf Göpel für ein Porträt zuhause und schrieb: „An diesem Ort im Berliner Süden ist das Buch entstanden“. Die zweite Erklärungsvariante Göpels wie des Verlags lautet, ihr Co-Autor Jauer hätte es trotz mehrerer Bitten abgelehnt, seinen Namen auf das Cover drucken zu lassen. Das klingt nach demütiger Zurückhaltung des Helfers im Hintergrund, zumindest auf den allerersten Blick. Auf den zweiten erinnert es an den Satz Winston Churchills über einen politischen Konkurrenten, der ein bescheidener Mann sei, wie der Premier fand, aber mit allem Grund zur Bescheidenheit.”

Danach zieht Wendt Göpel den Zahn über ihre These vom ”homo economicus”. Er hätte hier sogar noch ein Stück weitergehen können und einfach mal den E-Book-Reader ins Spiel bringen können, auf dem dem u. a. auch Göpels Buch lesen kann. Denn auch das ist eine technische Entwicklung bei der sich niemand vorher Gedanken machte, welche Ressourcen benötigt werden und wie es um die Nachhaltigkeit bestellt ist. Über das Papier für den Druck ihres Buches sowie die Logistik schweigt man besser auch.

“Dem menschlichen Antrieb, mit möglichst geringem Aufwand ein Maximum an Vorteilen und Bequemlichkeiten zu erlangen, verdanken wir praktisch jede technische Entwicklung, vom Flaschenzug über die antike Fußbodenheizung und das Automobil bis zum iPhone. Ihren Strohpuppen-homo oeconomicus definiert Göpel – wobei sie ihn gleich zum grundsätzlichen Menschenbild aller Ökonomen macht – auf Seite 67: „Der homo economicus kennt keine qualitativen Unterschiede zwischen Ressourcen, keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, keine Kooperation, kein Mitgefühl, keine Verantwortung, weder auf der Ebene des Einzelnen noch auf jener der Gesellschaft, er kennt genaugenommen noch nicht einmal so etwas wie Gesellschaft.“”

Dann aber geht es an das Eingemachte, wenn Wendt sich das wirtschaftliche Weltbild der Politökonomin ansieht.

“Das gesamte Menschen- und Gesellschaftsbild der Wirtschaftswissenschaft, erklären sie, „geht auf die Erkenntnisse dreier Männer zurück, die alle vor mehr als zweihundert Jahren geboren wurden; und zwar alle in England.“ Zu dem Trio, das sie dann präsentieren, gehören Adam Smith und seine Markttheorie der unsichtbaren Hand, David Ricardo und seine Lehre vom Wohlstand der Nationen und, Überraschung und auch wieder nicht, Charles Darwin und seine Evolutionstheorie, der die Wirtschaftstheorie nach Göpel entscheidend beeinflusst haben soll: „Auf der Beziehungsebene wurde nun ein Kampf von jedem gegen jeden. Ein Kampf, bei dem nur die Stärksten überleben.“

Man könnte auch sagen, Göpel und ihr Co-Autor haben die Wirtschaftswissenschafter und den Evolutionsforscher gelesen, aber offenbar nicht verstanden.

“Nichts davon folgt natürlich aus Smith, Ricardo und Darwin, sondern nur aus Göpel, die nach dem Prinzip vorgeht: Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das menschenfeindliche Kapitalismusgesicht. Und das der gefühlskalten Ökonomen gleich mit. Warum es, das nur nebenbei, mit der Vermögensanhäufung gerade der Deutschen im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern ziemlich schlecht steht, erörtert unsere Gesellschaftswissenschaftlerin der Herzen gar nicht erst, wie überhaupt ein Abgleich ihrer Spekulationen und Parolen mit der ökonomischen und gesellschaftlichen Gegenwart weitgehend unterbleibt.”

Auch die Rechenbeispiele in dem Buch hat Wendt untersucht und kritisiert diese.

“Göpels Behauptung, ihre absolute Zahl der Menschen, die über weniger als 7,40 Dollar täglich verfügen, beweise den „Misserfolg“ des Wachstums und widerlege den Elendsrückgang, ist so schlicht, albern und, ganz ohne Verlaub, dämlich wie ein Hütchenspiel ohne Hütchen. Mit einer ganz ähnlichen Methode erledigt sie den Wohlstandszuwachs speziell in Ostasien. Rechne man China heraus, so Göpel begründungslos, dann würde das Bild gleich ganz anders aussehen.”

Zum Ende hin zieht Wendt ein Fazit und das ist indirekt eine Anklage gegen Medien, die das Buch unkritisch bejubelt haben. Er sieht es schon als logischen Schritt, wenn neben Claudia Kemfert demnächst auch Maja Göpel beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW gut dotiert wirken darf.

“Indem sie das mit ihrem Buch tut, folgt Göpel übrigens geradezu mustergültig dem Konzept des homo oeconomicus. In diesem Licht muss der Rezensent seine Empfehlung zurückziehen, das DIW zuzusperren, sollte es die Autorin dorthin schaffen. Im Gegenteil, an dieses Institut, in dem schon Claudia Kemfert webt und wirkt, gehört sie wie keine zweite. Ihre Rolle dort wäre die der großen Transformatorin. „Unsere Welt neu denken“ ist nicht nur, wie die ARD uns verdeutlicht, „das Buch der Stunde“, sondern des Jahres und überhaupt unserer Zeit, in der eine moralische Oberschicht anderen, die kaum noch sparen können, ihre Verarmung unter dem Begriff Wachstumsverzicht schmackhaft zu machen versucht.”

Warum sind die von Wendt vorgebrachten Kritikpunkte eigentlich niemanden vorher aufgefallen? Kapitalismuskritik vorgebracht von jemanden, der mit der Wertschöpfung und Ressourcenverbrauch Geld verdient, ist ohnehin schon ein Gipfel des Aberwitzes.

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Ach du lieber Gott. Bei diesem Artikel auf katholisch.de wundert einen fast nichts mehr. Zunächst die bisher weitegehend unbekannte Tatsache, dass die katholische Kirche einen Umwelt Bischof hat. Was befähigt einen Menschen mehr Aussagen zum Thema Kernenergie zu wagen als das Studium der Theologie?

“Der Umweltbischof der Deutschen Bischofskonferenz, Rolf Lohmann, sieht die Debatte um eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke skeptisch. Zwar „wäre es falsch, diese Maßnahme in einer Notlage kategorisch auszuschließen“, sagte der Weihbischof aus dem Bistum Münster den im Augsburger Verlag Sankt Ulrich erscheinenden Wochenzeitungen „Neue Bildpost“ und „Katholische SonntagsZeitung für Deutschland“ (Wochenende). Jedoch sei es perspektivisch gesehen ethisch geboten, „eher früher als später auszusteigen, da Kernenergie eine risikobehaftete Technologie bleibt. Zudem ist die Endlagerfrage weiterhin ungelöst.“”

Der Umwelt Bischoff wirft sich außerdem Fridays For Future Aktivisten an den Hals. Vielleicht fallen dadurch für seine Kirche noch einige Schäfchen ab?

Der Kirchenmann lobte darüber hinaus Klimastreiks wie die der „Fridays for Future“-Aktivisten. „Es ist nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig, dass gerade die jungen Menschen friedlich ihre Stimme erheben und darauf aufmerksam machen, welche Folgen der Klimawandel hat, da sie davon noch unmittelbarer und länger betroffen sein werden als meine Generation. Daher unterstütze ich den Aufruf zum Klimastreik unbedingt“, so Lohmann mit Blick auf eine von einem breiten Bündnis geplante Aktion, die im September an zahlreichen Orten stattfinden soll.

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Ein alter Witz ging so: Ein Autofahrer hört während der Fahrt einen Hinweis zu einem Geisterfahrer auf seiner Strecke. Er ruft laut aus: Einer? Hunderte!! Deutschland kommen übertragen auf der Energie-Autobahn immer mehr Fahrzeuge entgegen. Eines der entgegenkommenden Fahrzeuge ist die Slowakei. Die dortige Genehmigungsbehörde hat jetzt den Betrieb der Anlage Mochovce 3 freigegeben. Das Land möchte bei der Stromproduktion autark werden. Die Wiener Zeitung berichtete:

“Global 2000 kritisierte den Beschluss ebenfalls und verwies darauf, dass Mochovce bereits seit 37 Jahren in Bau ist. „Mit dieser Betriebserlaubnis könnte der Reaktor in wenigen Wochen in Betrieb gehen – falls dies technisch überhaupt möglich ist.“ Die Umweltschutzorganisation prangert seit längerem technische Probleme in sicherheitskritischen Bereichen und Missmanagement beim überschuldeten Betreiber Slovenské elektrárne (SE) an. Zuletzt zeigte sie sich nach dem Fund minderwertiger Rohrleitungen besorgt. Global 2000 hatte die slowakische Atomaufsicht im Februar 2022 wegen bewusst unterlassener Kontrollen bei der slowakischen Kriminalpolizei angezeigt.

Die Entscheidung wird nach einer Frist von 15 Tagen rechtskräftig, erst danach wird eine Beladung mit Brennstäben möglich sein. Der neue 471-Megawatt-Block soll, wenn er vollständig in Betrieb ist, mehr als ein Zehntel des slowakischen Stromverbrauchs decken. Dies ist voraussichtlich im kommenden Jahr der Fall. Das Land will bei der Stromerzeugung autark werden.”

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Stichwort Kernenergie. Japan wird in diese Technologie zurückkehren. Laufzeitverlängerungen und Neubauten sind geplant. Daniel Wetzel kommentier für die Welt (Bezahlartikel).

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Gefahr für Fledermäuse durch Offshore-Windenergieanlagen? Ein Artikel beim Nabu Mecklenburg-Vorpommern lässt aufhorchen. Grundsätzlich versagen bei Fledermäusen die beliebten Fensterscheiben, Katzen, Autos und Stromleitungen, die so gern beim Thema Vogeltod durch Windkraftanlagen als Whataboutism vorgebracht werden. Die Tiere weigern sich standhaft auf diese Art und Weise zu sterben. Bei Ihnen reichen allerdings die Luftdruckunterschiede in der Nähe von Windkraftanlagen, um ihre Lungen zu schädigen, was oft mit dem Tod der Tiere endet.

Bei Anlagen an Land geht man von 10 getöteten Fledermäuse pro Anlage pro Jahr aus, aber wie sieht es mit Off-Shore-Anlagen aus? Fledermäuse ziehen nämlich auch über Gewässer wie die Nord- oder Ostsee. Der Nabu nennt die ersten Ergebnisse einer Studie im Hinblick auf den Ausbau besorgniserregend.

“Die ersten Untersuchungsergebnisse liegen nun vor und lassen erste vielversprechende Schlüsse auf die zeitliche und räumliche Verteilung wandernder Fledermäuse über dem Meer zu: „An nahezu allen Offshore-Standorten wurden Fledermäuse während der Wanderungszeiten im Frühjahr und Spätsommer nachgewiesen. Insbesondere waren über der Ostsee in der Kadetrinne nördlich von Rostock und am Arkonabecken sowie über der Nordsee auf Helgoland sehr hohe Aktivitäten zu verzeichnen, mit denen zu Beginn des Projektes nicht zu rechnen war“, berichtet Biologin Antje Seebens-Hoyer. Dies bestätigt, dass die Fledermäuse regelmäßig während der Zugzeiten über Nord- und Ostsee ziehen. „Angesichts des hohen Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Windenergieanlagen an Land ist dieses Ergebnis im Hinblick auf den weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie besorgniserregend.“”

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