Die Eisheiligen werden immer kälter

Von Josef Kowatsch und Sebastian Lüning
Naturbeobachter und unabhängige Klimawissenschaftler

Die Eisheiligen sind die Tage vom 11. bis 15. Mai. Laut alten Bauernregeln soll in diesem Zeitraum eine kalte Zwischenphase erfolgen, also noch kälter als der Maibeginn. Wir stellen uns der Frage: Wurden diese fünf Tage nun kälter oder wärmer in der Gegenwart? Anlass dieser Frage ist die Äußerung vom Vorstand des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Andreas Friedrich in der Neuen Osnabrücker Zeitung am 21. April 2016:

„…In den vergangenen Jahren haben sich die Eisheiligen eher rar gemacht“. Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst stellt fest: „In den letzten Jahren zeigten sich diese Kaltlufteinbrüche im Mai weniger…“

Schon im letzten Jahr hatte Vorstand Friedrich im „Focus“ ähnliches behauptet. Da wurden die Eisheiligen 2015 einfach zu Heißheiligen gemacht. Zunächst sei die Frage erlaubt, was heißt Gegenwart, was heißt in den letzten Jahren? Für den folgenden Artikel definiere ich „Gegenwart“ deshalb selbst: Ab 1998 setzten verstärkt die Katastrophenmeldungen und Vorhersagen über eine unheilvolle Erderwärmung ein. Deshalb werden wir für Angaben wie „in jüngster Zeit“ oder „die letzten Jahre“ oder „in der Gegenwart“ immer das Jahr 1998 als Ausgang für die Betrachtung ansetzen. Und da Meteorologen 30 Jahre als Klimaeinheit betrachten, soll auch dieser Zeitraum untersucht werden. Beginnen wollen wir aber mit 50 Jahre, einem recht langen Betrachtungszeitraum. Wir haben uns die Daten der Klimastation Potsdam für die letzten 50 Jahre besorgt, also von 1966 bis 2015. Im folgenden Diagramm sind die 5 Eisheiligentage (11. – 15. Mai) aus der Langzeitreihe der Klimastation von Potsdam (PIK Potsdam) mit Tageswerten extrahiert und die fünf Tage im Schnitt dargestellt.

Die Eisheiligen der letzten 50 Jahre

Nimmt man die Schnitt-Temperaturen der Eisheiligen ab 1966 der Station Potsdam, zeigt sich ein signifikanter Trend von – 2K innerhalb der  50 Jahre. Zwei Grad Abkühlung in 50 Jahren ist das Gegenteil von Erwärmung, und das Gegenteil eines Ausfalls der Eisheiligen (Abbildung 1). Ergebnis: In den letzten 50 Jahren wurden die Eisheiligen kälter und nicht wärmer.

 

Abb. 1. Über die letzten 50 Jahre zeigen die Eisheiligen in Potsdam einen negativen Trend, die fünf Tage wurden eindeutig kälter und nicht wärmer. Der letzte Wert sind die Eisheiligen 2015, denn 2016 liegt noch nicht vor. Es sei noch darauf hingewiesen, dass kurz nach dem Start des Betrachtungszeitraumes ab 1971 acht kalte Eisheiligenjahre folgten.

 

Die Eisheiligen der letzten 30 Jahre

Der nächste Betrachtungsabschnitt sind 30 Jahre, weil 30 Jahre als die kleinste Klimabetrachtungseinheit definiert sind. Ergebnis: In den letzten 30 Jahren wurden die Eisheiligen deutlich kälter (Abbildung 2).

Abb. 2. Temperaturentwicklung der Eisheiligen in Potsdam seit 1985.

 

Die Eisheiligen der letzten 18 Jahre

Besonders in der Gegenwart, die wir als die letzten 18 Jahre definiert hatten, sollen die Eisheiligen laut DWD-Vorstandmitglied Friedrich besonders wärmer geworden sein. Ergebnis: In der Realität ist aber auch für diesen Zeitraum eine Abkühlung der Eisheiligen in Potsdam zu verzeichnen (Abbildung 3).

Abb. 3. Temperaturentwicklung der Eisheiligen in Potsdam seit 1998.

 

Fazit

Bereits seit 50 Jahren werden die Tage vom 11. bis 15. Mai in Potsdam kälter. Das ist ein langer fallender Trend. Nähert man sich der Gegenwart, dann nimmt der fallende Trend sogar zu. Also genau das Gegenteil von Heißheiligen. Die warnenden Meldungen der deutschen Medien über angeblich immer wärmer werdende Eisheilige in der Gegenwart halten einer wissenschaftlichen Betrachtung am Beispiel Potsdam nicht Stand.

 

Visuelle Naturbeobachtung

Überprüfen wir abschließend noch die Abkühlung der Eisheiligen in der freien Fläche. Dafür wählen wir das Frankenbachtal in Süddeutschland. Das Tal liegt zwischen den beiden Städten Aalen und Ellwangen auf 450 bis 470m NN, etwa 600 m von der nächsten kleineren Ansiedlung entfernt. Am 1.ten Eisheiligentag 2016 sah die Vegetation so aus:

Abbildung 4. Durch den kalten April und den kalten Mai 2016, der in der freien Fläche außerhalb der Städte und Ansiedlungen noch kälter ausfällt haben die Bäume und Sträucher beim Start der Eisheilligen noch fast keine Vegetation entwickelt. Die Aufnahme zeigt den Südhang des Frankenbachtales in Süddeutschland auf 460m Höhe. Die Vegetation ist durch die Hanglage vor den kalten Nordwinden des Spätwinters und Frühjahres eigentlich geschützt. Foto Kowatsch.

 

Es bleibt zu hoffen: „Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün“, ein 250 Jahre altes Volkslied von W.A.Mozart. 2016 warten selbst die Bäume und Sträucher bis die Eisheiligen vorbei sind. Die Frage für 2016 ist: Wo pendeln sich die jetzigen fünf Tage ein?

 

Teilen: