Berliner Zeitung mit rührender Klimawandel-Story aus Peru: Leider komplett falsch

Anlässlich der kürzlichen Klimakonferenz erzählte Wolfgang Kunath  in der Berliner Zeitung am 30. November 2014 eine rührende Geschichte aus den peruanischen Anden, bei der den dortigen Bauern großes Leid geschieht, weil der böse Westen mit Kohlendioxid die Welt vergiftet:

Wie der Klimawandel Peru verändert
In den peruanischen Anden sieht man exemplarisch, was der Klimawandel anrichtet. Die Kleinbauern dort müssen sich den neuen Lebensverhältnissen anpassen, die die Treibhausgase der Industrieländer erzeugt haben. In Lima beginnt am Montag die UN-Konferenz.

Das wollen wir genauer wissen. Welche angebliche Auswirkung des menschengemachten Klimawandels machte den Bauern dort denn zu schaffen?

Vielleicht wagt sich nach der Konferenz ja der eine oder andere der 12.000 Teilnehmer hinauf auf die Puna, das karge Hochland in den südlichen Anden. Denn dort oben kann man sehen, was der Klimawandel bereits in einem fragilen Naturraum anrichtet. Und wie sich die Kleinbauern den neuen Lebensverhältnissen anpassen, die die Treibhausgase der Industrieländer erzeugt haben. „Früher konnte man sich darauf verlassen, dass der Regen rechtzeitig kam“, sagt Florencio Tunquipa, „heute fällt er unregelmäßiger und viel stärker, und der Wind hat zugenommen“. Seine Ernten wurden immer kleiner, deshalb ging er 2002 nach Huancarani, eine Kreisstadt in der Region Cusco. Glück hat ihm das nicht gebracht. „Ich habe hart gearbeitet auf dem Bau, aber das Geld hat trotzdem nie gereicht, um die Familie zu ernähren“.

Der Regen bliebe aus und der Wind habe zugenommen, so die Behauptung von Wolfgang Kunath im Artikel. Was sagt die seriöse Wissenschaft dazu? Im September 2013 erschien im Fachmagazin Hydrological Processes eine Studie einer Forschergruppe um Waldo Sven Lavado Casimiro  vom nationalen peruanischen Dienst für Meteorologie und Hydrologie in Lima. Die Wissenschaftler suchten in den statistischen Regenfalldaten im Amazonas-Anden-Becken der letzten 40 Jahre nach Trends. Und sie suchten vergeblich, denn es gibt überhaupt keinen Trend in der Niederschlagsentwicklung, wie die Forscher in der Kurzfassung ihrer Studie darlegen:

Trends in rainfall and temperature in the Peruvian Amazon–Andes basin over the last 40 years (1965–2007)
The hydroclimatology of the Peruvian Amazon–Andes basin (PAB) which surface corresponding to 7% of the Amazon basin is still poorly documented. We propose here an extended and original analysis of the temporal evolution of monthly rainfall, mean temperature (Tmean), maximum temperature (Tmax) and minimum temperature (Tmin) time series over two PABs (Huallaga and Ucayali) over the last 40 years. This analysis is based on a new and more complete database that includes 77 weather stations over the 1965–2007 period, and we focus our attention on both annual and seasonal meteorological time series. A positive significant trend in mean temperature of 0.09 °C per decade is detected over the region with similar values in the Andes and rainforest when considering average data. However, a high percentage of stations with significant Tmean positive trends are located over the Andes region. Finally, changes in the mean values occurred earlier in Tmax (during the 1970s) than in Tmin (during the 1980s). In the PAB, there is neither trend nor mean change in rainfall during the 1965–2007 period. However, annual, summer and autumn rainfall in the southern Andes presents an important interannual variability that is associated with the sea surface temperature in the tropical Atlantic Ocean while there are limited relationships between rainfall and El Niño-Southern Oscillation (ENSO) events. On the contrary, the interannual temperature variability is mainly related to ENSO events

Ganz offensichtlich kann der menschengmachte Klimawandel mit der Niederschlagsentwicklung in Peru nichts zu tun haben, wenn es im Maßstab von Jahrzehnten keinen erkennbaren Trend gibt. Auf längere Sicht im Maßstab von Jahrhunderten gibt es aber durchaus Trends zu verzeichnen, und diese werden von der Sonnenaktivität gesteuert (siehe unseren Beitrag „Sonnenaktivität steuerte den südamerikanischen Monsunregen während der letzten 1500 Jahre„).

Der Autor der Berliner Zeitung, Wolfgang Kunath, hat sich offenbar einfach eine klimaalarmistische Schauergeschichte ausgedacht. Die Fachliteratur und Fakten kennt Kunath jedenfalls nicht. Auffällig ist auch, dass er in seinem Artikel keinen einzigen Klimawissenschaftler zu Wort kommen lässt und stattdessen über Schamanentum und Koka-Blätter schreibt.

Verpasst hat Kunath offenbar auch den Artikel „Klimawandel lässt Menschen in Peru frieren“ aus dem Dresdner UniversitätsJournal vom 13. November 2012:

Viele Regionen der Erde erwärmen sich durch den Klimawandel. In den Hochregionen Perus ist es anders. »In den Anden treten immer häufiger kalte Winde und Frost auf. In bewohnten Höhenlagen unterhalb 3500 m kommt es immer öfter zu Nachttemperaturen bis minus 20 Grad Celsius und die kalte Jahreszeit verlängert sich«, berichtet sie. »Für die dortigen zwei bis drei Millionen Menschen, die Landwirtschaft und die Umwelt hat das dramatische Folgen. Die traditionellen Häuser genügen nicht mehr den thermischen Mindestanforderungen. Oft kühlt sich die Raumluft bis unter 2 Grad Celsius ab. Die Bevölkerung verbraucht dadurch mehr natürliche Brennstoffe, Abholzen gefährdet den Baumbestand, viele vor allem junge Menschen wandern in die großen Städte aus. Das traditionelle Vieh, Alpaka und Lama, leidet zunehmend unter Fehlgeburten.«

Das wahre Problem in der Andenregion Perus scheint wohl nicht der Regen zu sein, sondern eine Abkühlung. Das passt natürlich so gar nicht in die Geschichte der Berliner Zeitung und wird daher großzügig verschwiegen. Im letzten Teil seines Aufsatzes verrät sich dann Kunath selbst. In der Vergangenheit konnten die Andenbauern mit der natürlichen Klimavariabilität deutlich besser umgehen als heute, räumt er ein. Terror und Fehler bei der Einführung neuer Technologien haben die Landwirtschaft weit zurückgeworfen, nicht so sehr der Klimawandel:

Es ist, ein paar Einsprengsel der Modernität ausgenommen, das Wissen der Vorväter, das gegen den Klimawandel ins Feld geführt wird. Ein merkwürdiger Widerspruch: Warum muss den Andenbauern heute das beigebracht werden, was unzählige Generationen vor ihnen beherrschten? Erstens wegen der Guerrilla-Gruppe Leuchtender Pfad, die in den Achtzigern aktiv war. Die Armee schlug zurück, die Bauern gerieten zwischen die Fronten. Im Klima allgemeinen Terrors war nicht mehr daran zu denken, die Felder zu bestellen. Und zweitens, weil die Agrarwissenschaft das traditionelle Wissen diskreditiert, sagt Magdalena Machaca, 46, Geschäftsführerin des Vereins Bartolomé Aripaylla. Die Agraringenieurin hat es an der Uni selbst erlebt: „Was da gelehrt wurde, war zum großen Teil nicht auf unsere Bedingungen anwendbar“. Das bezieht sich nicht nur aufs Technische: Zwischen Land-Wirtschaft und Agrokultur besteht ein himmelweiter Unterschied.

Sinn des Artikel in der Berliner Zeitung ist es, Druck und Schuldgefühle aufzubauen. Wir haben dem peruanischen Bauern Schaden zugefügt, soll der Leser glauben. Daher muss er jetzt tief in die Tasche greifen, um seinen angeblichen Fehler wiedergutzumachen. Der Ablasshandel des Mittelalters ist wiedergeboren. Hallelujah.

 

Auch das amerika21-Blog war in der Vergangenheit mit Beiträgen aus Wolfgang Kunaths Feder nicht zufrieden:

Seriösen Journalismus aufgegeben?

Kunath dichtet sich etwas zusammen

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Wir wünschen allen Lesern des Kalte-Sonne-Blogs ein frohes Weihnachtsfest ! Lassen Sie sich gut beschenken und genießen Sie Ihren Tannenbaum, bevor die Klimakatastrophe den deutschen Wald hinwegfegt.

 

 

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